Busch, Adolf

Sonate A-Dur op. 54 / Divertimento op. 62b

für Klarinette und Klavier / für Klarinette, Oboe und Englischhorn, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 57

Die Herausgeberin dieser beiden Werke von Adolf Busch, die Klarinettistin Bettina Beitelbeck, hat großen Anteil an der Wiederentdeckung des legendären Violinisten – der seine Bekanntheit vor allem durch das 1912 von ihm gegründete Busch-Quartett und seine Zusammenarbeit mit dem Pianisten Rudolf Serkin erlangte – als Komponist. Schon im Studium hatte Busch auch Kompositionsunterricht, unter anderem bei Fritz Steinbach. Ein Blick in sein Werkverzeichnis zeigt einen Schwerpunkt im Bereich der Kammermusik. Dabei hat er nicht nur für Streicher komponiert, sondern für ganz verschiedenartige Besetzungen. Darunter sind einige Gelegenheitskompositionen wie das Divertimento op. 62b für die ungewöhnliche Besetzung mit Klarinette, Oboe und Englischhorn, die er dem amerikanischen Kla­rinettisten Simeon Bellison gewidmet hat.
Es ist eine heitere, spielfreudige Komposition mit einer Abfolge von vier sehr kurzen kontrastreichen Sätzen, auf die ein ausgedehntes Scherzo folgt, ehe dann das eröffnende Allegretto grazioso als Wiederholung das neunminütige Werk abrundet. Das Divertimento ist eine musikalisch und technisch von guten Mittelstufen-SchülerInnen zu bewältigende, ansprechende Kammermusik, bei der es vor allem auf eine leichte Tongebung ankommt.
Anders verhält es sich mit der Klarinettensonate A-Dur op. 54, die Adolf Busch 1939/40 intensiv beschäftigt hat und die dem englischen Klarinettisten Reginald Kell gewidmet ist. Es handelt sich um eine stellenweise sehr tiefgründige, gewichtige halbstündige Komposition, die an die Spätromantik anknüpft. Busch bleibt demnach von den musikalischen Entwicklungen, die im frühen 20. Jahrhundert begonnen haben, unberührt.
Die Sonate kann die geistige Nähe zu den Sonaten Max Regers nicht verbergen. Allein schon die Wahl des 6/4-Takts, die Abfolge der Satztypen mit einem sehr ausgedehnten Kopfsatz in der Sonatenhauptsatzform, einem Scherzo und einem mit Grave überschriebenen dritten Satz sowie einem Rondo als Schlusssatz stehen Regers Sonatentypus sehr nahe. Dazu kommen noch die entsprechende Harmonik und das ausgewogene Verhältnis von Solo- und Klavierpart. Vorteilhaft ist jedoch der bei Busch etwas reduziertere, durch­sichtigere Klaviersatz. Im Wiederaufgreifen des Themas des ersten Satzes im Schlusssatz zeigt sich auch der zyklische Gedanke der Sonate, die an vielen kompositorischen Details die „Zweitbegabung“ Adolf Buschs eindrucksvoll zeigt.
Trotz dieser vielfältigen formalen Bezüge zu Max Reger, mit dem er eng befreundet war, bleibt ein großes Maß an Individualität, sodass Buschs Sonate op. 54 als Bereicherung des Konzert-Repertoires und lohnende Wiederentdeckung angesehen werden kann.
Heribert Haase