Gade, Niels Wilhelm

Vier Fantasiestücke op. 43

für Klarinette (Violine) und Klavier/für Fagott (Horn) und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Accolade, Warngau 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 57

Zum Standardrepertoire der KlarinettistInnen gehören die Vier Fantasiestücke op. 43 des dänischen Komponisten Niels W. Gade, der von 1817 bis 1890 lebte und von Robert Schumann sehr geschätzt wurde, sodass er ihm in seinem Album für die Jugend mit dem Nordischen Lied schon früh ein Denkmal setzte. Schumann hatte 1849 für die gleiche Besetzung seine Fantasiestücke op. 73 komponiert, fünfzehn Jahre später folgte ihm Gade mit Opus 43 nach.
Jedes der vier Stücke hat sein ganz eigenes Gepräge: Auf das eröffnende, noch etwas verhaltene Andante con moto folgt ein mit Triolenbewegung im Klavier vorandrängendes Allegro vivace. Im Zentrum steht das dritte Stück, eine Ballade, in der besonders die Klangfarbe des tiefen Registers der Klarinette und rauschende Klavierarpeggien die dramatische Spannung hervorrufen. Eine aufschwingende Melodieführung durchzieht das letz­te Stück, das die Tempobezeichnung Allegro molto vivace trägt. Gade hat die Stücke einem Klarinettisten mit dem illustren Namen Mozart (!) Petersen gewidmet, der als Klarinettist in der Königlichen Kapelle in Kopenhagen tätig war. Daran ist ersichtlich, dass die von Gade angegebene Alternativbesetzung für Violine nur zweite Wahl bleibt, zumal die Ballade auf der Violine ohne Oktavierungen nur zu realisieren ist, wenn – wie im Erstdruck schon angegeben – die G-Saite nach F heruntergestimmt wird.
Jetzt hat Bodo Koenigsbeck noch weitere Alternativbesetzungen herausgebracht. Die Fassung für Viola liegt ebenfalls der Ausgabe für Klarinette/Violine bei und ist eine häufig von Komponisten gewählte Alternative zur Klarinette durch die Entsprechungen im Tonumfang in der Tiefe und die klanglichen Eigenschaften. Ob die beiden anderen Fassungen für Fagott und Horn musikalisch überzeugen, mag dahingestellt bleiben: Die Tongebung des Fagotts ist abgesehen von der Oktavlage dem Ausdruck der Musik wenig adäquat. Durch den digitalen Notendruck werden Verleger heutzutage dazu verleitet, verstärkt Bearbeitungen zur Erweiterung des Repertoires auf den Markt zu bringen, die aber nicht immer den Intentionen des Komponisten entsprechen.
Die Ausgabe des Accolade-Verlags weicht in einigen Details des Notentextes von anderen Editionen der Fantasiestücke ab. Eine strittige Stelle ist unter anderem der Bassakkord auf der dritten Zählzeit im vierten Stück in Takt 74. Der oberste Ton müsste statt es’ ein e’ sein, da im Diskant auch ein e erklingt. Leider gibt es keinen editorischen Hinweis, auf welcher Grundlage das Notenmaterial erstellt wurde. Insofern ist die Ausgabe der Fantasiestücke weniger für KlarinettistInnen, sondern eher für die Alternativbesetzungen von Interesse.
Heribert Haase