Kotzian, Rainer

Das Orff-Schulwerk neu entdecken

Spielstücke und Unterrichtsmodelle, mit DVD + App

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: üben & musizieren 1/2017 , Seite 51

Eine Neuentdeckung des Orff-Schulwerks für den Musikunterricht ist längst überfällig und so ist diese Veröffentlichung sehr zu begrüßen. Sie enthält elf ausführlich ausgearbeitete Unterrichtsmodelle, deren Kern jeweils ein originales Instrumentalstück, Lied oder Rhythmisches Rondospiel aus der Modellsammlung Orff-Schulwerk – Musik für Kinder von Carl Orff und Gunild Keet­man darstellt. Im Vorwort bereits weist Rainer Kotzian darauf hin, dass sich das Buch an musika­lische Fachkräfte richtet, die mit Kindern zwischen vier und zehn Jahren arbeiten.
Ganz im Sinn einer Elementaren Musik- und Bewegungs-/Tanz­erziehung in der Tradition des Orff-Schulwerks sind alle Unterrichtsmodelle geprägt von einem multimedialen Zugang: Musik, Bewegung/Tanz und Sprache verbinden sich im Spiel, bei der Improvisation sowie der Übung der Kinder und so sollen die musikalischen Vorlagen ohne Noten erarbeitet werden. Die Stunde beginnt z. B. mit einem rhythmischen oder melodischen Baustein, einem Bewegungspiel, einer Höraufgabe oder einer Geschichte. Dabei stellen alle Beispiele nur „eine Möglichkeit des musikalischen Umgangs unter vielen dar“, wie Kotzian betont, denn auch die individuelle Gestaltung von Unterricht und das Eingehen auf die Bedürfnisse der eigenen Gruppe gehören zur Pädagogik des Orff-Schulwerks von Anbeginn an.
Als Leserin habe ich den großen Erfahrungsschatz gespürt, der hinter den Unterrichtsmodellen steht. Viele verschiedene Erarbeitungswege werden aufgezeigt. Es gilt, sich Zeit zu nehmen, um die Ausführungen rund um ein Modell genau zu studieren (und auch die DVD mit Video-, Audio- und PDF-Vorlagen zu Rate zu ziehen), damit ein individuelles, inneres Bild entstehen kann von einer persönlichen Musikstunde mit der eigenen Gruppe. Dabei wird man einerseits nicht alles anwenden, was angeboten wird, andererseits noch so manche methodische Überlegung anstellen müssen, wie denn nun konkret dieser Ostinato oder jenes Bodypercussionmotiv tatsächlich von den Kindern erlernt werden kann.
Denn wie schon gesagt: Kotzian geht von der Fachkraft für Musik aus, die den Umgang mit dem Orff-Instrumentarium beherrscht und im Aufbau eines Ensemblespiels mit Kindern im Vor- und Grundschulbereich versiert ist. Ohne solche Kenntnisse werden auch die akkuraten Videosequen­zen nicht helfen. Manchmal erscheinen mir die Altersangaben für die einzelnen Unterrichtsvorhaben etwas gewagt.
Interessierte Musiklehrkräfte soll­ten es dennoch angehen, das eine oder andere Modell mit ihren SchülerInnen auszuprobieren und entsprechend zu adaptieren. Sicher finden sich auch in der Fortbildungslandschaft in der nächsten Zeit Kursangebote, die in die Arbeit mit diesen Modellen einführen. Nutzen Sie sie und lassen Sie sich begeistern von der ungebrochenen musikalischen Kraft der Musik von Carl Orff und Gunild Keetman!
Manuela Widmer