Paulus, Anja

… triffst du nur das Zauberwort

Chancen und Möglichkeiten einer klaren und wertschätzenden Unterrichtssprache

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 5/2016 , Seite 28

Das Wort nimmt im Instrumental- und Gesangsunterricht neben dem Gestisch-Nonverbalen und dem eigentlichen Musizieren eine zentrale Rolle ein. Wie kann im Unterricht fantasievoll und anregend kommuniziert werden – mit Klarheit, Verständlichkeit und gegenseitigem Respekt?

Wie lässt sich Kritik so äußern, dass sie einer positiven Entwicklung Bahn bricht? Welche Fähigkeiten müssten Lehrende für eine solche Kommunikation mitbringen? Welche Freiheit und Verantwortung für das Gelingen des Unterrichts würde damit den Lernenden übertragen? Anhand von Kommunikationsbeispielen aus dem Gesangsunterricht werden im folgenden Beitrag Möglichkeiten einer wertschätzenden, schüler- und lösungsorientierten Unterrichtskommunikation beschrieben.

Meinen wir beide A, wenn wir A sagen?

Wenn man ein Instrument erlernt, ist es zweifellos eine anspruchsvolle Aufgabe, die Bewegungsabläufe zu koordinieren, die es benötigt, um damit einen Notentext zu realisieren und darüber hinaus eine bestimmte Klangqualität und musikalische Aussage zu erzeugen. Die Verborgenheit des Instruments Stimme im Inneren des Körpers macht diese Aufgabe nicht unbedingt leichter, wenn es um die präzise und gekonnte Ausführung einer Übung, eines Liedes oder einer Arie geht. Umso wichtiger erscheint da eine klare und deutliche Unterrichtssprache. In der Gesangs­pädagogik ist es nicht unüblich, Begriffe wie „Stütze“, „Stimmsitz“ oder „Register“ zu verwenden, ohne gemeinsam mit den SchülerInnen eine Begriffsklärung vorgenommen zu haben. Es herrscht in der Gesangspädagogik bisweilen eine Scheu vor „zu viel Wissen“, aus Angst, SchülerInnen könnten den unbelasteten und freien Zugang zum Singen riskieren und damit den „Zauber“ verlieren.1
Findet eine Begriffsklärung nicht statt, ordnen SchülerInnen dem unreflektiert verwendeten Begriff jedoch lediglich ein vages Gefühl zu, das sie nur ungefähr mit dem Erleben in der Gesangsstunde verknüpfen, aber leider nicht zuverlässig wiederholen können. Wie sollen sie zu Hause beim Üben das Neuerlernte sichern, wenn sie nicht wissen, wie sie es hergestellt haben? Dass auch durch reines Nachahmen und vages, instinktives Erfassen von sängerischen Parametern Erfolge erzielt werden können, ist eine Tatsache. Die Frage stellt sich jedoch, wie weit dieses Herangehen trägt.

1 Gerhard Faulstich: Singen lehren – Singen lernen, Augsburg 62010, S. 11 ff.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2016.