Cornick, Mike

5 pieces for 5 left hands at 1 piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2016
erschienen in: üben & musizieren 5/2016 , Seite 57

Ein Klavier und fünf linke Hände? Die Anzahl der Kompositionen für die linke Hand ist überschaubar, technisch in der Regel anspruchsvoll und virtuos. Abge­sehen von tragischen Pianistenschicksalen wie das von Paul Wittgenstein oder auch Leon Fleisher, die aus unterschied­lichen Gründen gezwungen waren, ihre Spielfähigkeit auf die linke Hand zu fokussieren und so eine Reihe von Kompositionen speziell abgestimmt auf ihre (überragenden!) Spielfähigkeiten anstießen, bleibt das Repertoire der interessanten Stücke durchaus begrenzt.
Warum sollte man sich auch in irgendeiner Weise beschränken (wünschte sich nicht manch ein Pianist heimlich gar eine dritte Hand, beispielsweise beim Studium Bach’scher Raffinessen)? Und noch dazu gerade Schülern die im frühen Stadium eher unbeliebte linke Hand als alleinige Musizierbasis zumuten? Doch  wenn man mit vier Gleichgesinnten in einem (technischen) Boot sitzt, sich noch dazu an einem einzigen Klavier um den besten Spielplatz rangeln muss, dann wird aus der ungeliebten Übung schnell ein unterhaltsames Happening, bei dem man fast nebenbei noch eine Menge lernt. Mit der linken Hand Musik zu machen beispielsweise.
Mike Cornick legt mit seinen 5 pieces for 5 left hands at 1 piano einen amüsanten Strauß wohlklingender Unterhaltung vor, der mit geeigneten SchülerInnen (sie sollten munter sein, eine rasche Auffassungsgabe und den Schalk im Nacken haben und nebenbei auch schon ein wenig Klavier spielen können) viel Spaß verspricht. Das besetzungsbedingte zwangsläufige Gerangel am Klavier wird kleine Spieler und ihre erwartungsfrohe Zuhörerschaft beim Klassenabend nicht nur in musikalischer Hinsicht zum Lächeln bringen.
Doch sind die Kompositionen wirklich nett und unkompliziert zu spielen und zu hören. Stilistisch erwecken sie Assoziationen an Krimi- oder Westernmusik der 50er und 60er Jahre und bieten zugleich neue Lernfelder der kammermusikalischen Kommunikation. Die SpielerInnen sollten rhythmisch halbwegs sattelfest sein und sich auch über Notensystemgrenzen hinweg orientieren können. Eine Vorstufe des Partiturlesens wird gleich unterschwellig mit geübt, genauso wie das Zuhören und Mitdenken – unverzichtbare Fertigkeiten nicht nur für Musiker.
Der Druck ist sehr übersichtlich und großzügig; so können auch jüngere SchülerInnen den Weg ihrer Melodie- oder Bassstimme leichter verfolgen. Im vorliegenden Band ist eine zweite Ausgabe enthalten. Werden die jüngeren SchülerInnen ein klein wenig an ihren ungewohnten Stimmen üben müssen, so kann man mit schon etwas fortgeschrittenen Klaviereleven unterhaltsame Prima-vista-Ensemblemusik an den Unterrichtsschluss setzen. Insgesamt ein nettes Klavierhappening mit einem nicht zu unterschätzenden Motivationscharakter!
Christina Humenberger