©Nihad Nino Pusija

Bradler, Katharina

„Kompetenzen“ von Instrumentallehrkräften

Oder besser: Was zeichnet eine gute Lehrperson aus?

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 40

Als ich die Anfrage erhielt, über Kompetenzen von Instrumentallehr­kräften zu schreiben, war ich zwie­gespalten. Ich musste an die große Kompetenzdebatte denken, die sich im Zuge von PISA aufgetan hat, an neu formulierte Lehrpläne, die Dis­kussion in der schulischen Musik­pädagogik1 und Jürgen Vogts Vor­schlag, “musikalische Kompetenz”2 zum Unwort des Jahres zu erklären. Was mich zögern ließ, über “Kompe­tenzen” zu schreiben, ist an anderer Stelle ausführlich beantwortet worden.3 Aber was macht die Sache so interessant?

Im Grunde zielt das Thema Kompetenz auf essenzielle Fragen ab, die sich Lehrkräfte, Eltern und SchülerInnen gleichermaßen immer wieder zu stellen haben: Was zeichnet eine gute Instrumentallehrkraft aus? Welche Fähigkeiten sollte sie haben? Natürlich lassen sich auf diese „Dauerbrenner“ unseres Fachs keine eindeutigen Antworten finden. Die eine Lehrkraft ist für den einen Schüler gut, die andere für den anderen. Jede(r) hat andere Ziele, hat ein anderes Musikverständnis und auch ein anderes Verständnis vom menschlichen Umgang miteinander, von Erziehung im Allgemeinen. Dies führt dazu, dass (einzelne) Menschen bzw. soziale Gruppen auf bestimmte Fähigkeiten von Lehrkräften Wert ­legen und auf andere weniger. Gerne gehen hier auch einmal die Ansichten von SchülerInnen und Eltern auseinander.
Nicht zuletzt das komplexe Interaktionssystem, das dem Unterricht zugrunde liegt, lässt es fragwürdig erscheinen, „den guten Lehrer“ charakterisieren zu wollen. Gleichwohl muss es auch so etwas wie einen Kanon oder bestimmte Kriterien geben, die Auskunft darüber erteilen, wer „gut“, „kompetent“ oder „fähig“ unterrichtet. Sonst wäre schnell jeder beliebige Mensch eine „gute Lehrkraft“. Freilich müssen die Kriterien immer neu diskutiert werden, in einem fortwährenden Prozess. Hierzu möchte ich mit einigen Gedanken beitragen. Diese formuliere ich eingedenk des Wissens, dass eine Lehrkraft bzw. einen Unterricht als „gut“ auszuweisen stets abhängig von musikalischer Stilistik, dem Kontext (Zeitgeist), entsprechenden Bildungs­idealen und anderem ist. In diesem Sinn verstehen sich die folgenden Ideen als sehr persönliche, ausschnitthafte Sammlung, deren Priorisierung in meiner eigenen Berufsbiografie gründet und Teile meiner „pädagogischen Grundüberzeugungen“4 zum Ausdruck bringt. Die Sammlung versteht sich als dynamisch und anschlussoffen. Das Thema ist grenzenlos und kann und sollte immer wieder in Bildungsdiskussionen münden.

Am Anfang steht die Beziehung

Fundamental scheint mir als Instrumentallehrerin zu sein, Menschen, Musik und das Musizieren zu lieben. So unerklärlich diese „Phänomene“ sind, so zentral sind sie für unser Fach. Unterrichten hat immer etwas mit menschlichem Vermitteln zu tun. Ein Musikwerk lebt erst, indem es von Menschen geschaffen, gehört bzw. interpretiert wird. Egal ob improvisierend oder interpretierend – das Musizieren selbst ist stets ein kommunikativer, sozialer Akt. Eine entscheidende Rolle spielen im Musizierunterricht daher Beziehungen.

1 s. hierzu z. B. Jens Knigge: „Der Kompetenzbegriff in der Musikpädagogik: Verwendung, Kritik, Perspektiven“, in: Jürgen Vogt/Markus Brenk/Frauke Heß (Hg.): (Grund-)Begriffe musikpädagogischen Nachdenkens. Entstehung, Bedeutung, Gebrauch, Münster 2014, S. 105-135.
2 www.nmz.de/artikel/noch-ein-unwort-musikalische-kompetenz (Stand: 9.8.2016).
3 s. hierzu Konrad Paul Liessmann: Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung, München/Berlin 2016; Andreas Gruschka: Verstehen lehren. Ein Plädoyer für guten Unterricht, Stuttgart 2012.
4 Martin Losert: Die Kunst zu unterrichten. Grundlagen der Instrumental- und Gesangspädagogik, Mainz 2015, S. 45.

Lesen Sie weiter in der Ausgabe 6/2016.