Gárdonyi, Zoltán

Dritte kleine Rhapsodie

für Violine, Violoncello und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Walhall, Magdeburg 2016
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 57

Glücklich, wer als junger Musikschüler einen Komponisten zum Vater hat. Noch dazu einen, der sich auch als Pädagoge einen Namen gemacht hat. Hajna und Zolt, die Kinder von Zoltán Gárdonyi, hatten nicht nur das Glück, dass ihr Vater, zu der Zeit bereits ein angesehener Tonsetzer und Professor an der Budapester Franz-Liszt-Musikhochschule, ihnen das vorliegende Miniatur-Klaviertrio gleichsam auf den Leib schrieb; er führte es mit seinem musikalischen Nachwuchs auch mehrmals auf.
Ein reines Übungs- oder Ausbildungsstück ist Zoltán Gárdonyis Rhapsodie für Violine, Violoncello und Klavier also nicht, jedes etüdenhafte Moment geht dem kurzen, grob dreiteiligen Werk völlig ab. Stattdessen herrschen Klangvielfalt, kurze Melodiebögen, Bewegung und ein akzent­reiches Zusammenspiel der drei Saiteninstrumente vor. Zoltán Gárdonyi, Urheber vieler Chor- und Instrumentalwerke, der in seinem gesamten Schaffen stets auf Transparenz des Klangs und motorische Bestimmtheit gesetzt hat, entwickelt auch in ­dieser kompositorischen Handgelenksübung ein immer wieder von der Motorik der Klavierstimme angetriebenes Stück robuster Kammermusik. Dabei ist diese Dritte kleine Rhapsodie (die Nummerierung bezieht sich auf zwei vorangehende Stücke für Cello und Klavier, die bereits 1954, ein Jahr vor dem hier betrachteten Trio entstanden waren) eingängig in ihrer Tonsprache, ohne sich anzubiedern.
Der technische Anspruch, der an die beiden Streicherstimmen gestellt wird, entspricht wohl dem Können einer schon recht fortgeschrittenen zehnjährigen Geigerin und eines ein Jahr jüngeren, gut geschulten Cellisten – dem Alter von Zoltán Gárdonyis Kindern zur Entstehungszeit 1955. Bewegen sich Violine und Violoncello vornehmlich in mittleren Lagen, so darf das Klavier, das insgesamt den anspruchsvollsten Part vertritt, auch schon einmal weiter ausgreifende Klangräume erkunden. Aber auch hier wird der Schwierigkeitsgrad nie zu hoch, lässt die kompositorische Struktur bei einem Können, das einem geübten Amateurpianisten entsprechen mag, stets genug Freiraum, dem kammermusikalischen Miteinander ausreichend Gehör zu schenken.
Die in der Edition Walhall herausgekommene Rhapsodie von Zoltán Gárdonyi wird als ein Stück anspruchsvoller und dennoch mit vertretbarem Aufwand reproduzierbarer Kammermusik hochwillkommen sein, da bislang ähnliche Stücke in dieser Klaviertriobesetzung aus dem 20. Jahrhundert wirklich Mangelware sind. Vielleicht macht sich ja der ein oder andere Verleger auf die Suche nach weiteren ­Miniaturen, um beim (jungen) Publikum die Lust auf „mehr Klaviertrio“ zu wecken.
Daniel Knödler