Choi, Song / Eva Lotta Stein
Noah & Pauline. Auf der Suche nach dem Kontrabass
Eine Kontrabass-Geschichte für Kinder
Warum entscheidet sich welches Kind für welches Instrument? Song Choi, Kontrabassist und Instrumentalpädagoge – er unterrichtet an den Musikhochschulen in Frankfurt und Freiburg und ist Gründer der Pädagogischen Arbeitsgemeinschaft Kontrabass Baden-Württemberg –, erinnert sich an seine Anfangszeit und berichtet von der Faszination, die ein im ganzen Korpus fühlbarer gestrichener oder gezupfter Kontrabasston auf ihn ausgeübt hat. „Die meisten meiner Schülerinnen und Schüler“, so Choi, „nennen dann auch die tiefen Töne als Hauptgrund, Kontrabass lernen zu wollen.“
Kontrabass für Kinder? Song Choi gehörte zu den ersten Pädagogen, die gezielt in dieser Richtung tätig wurden. Gemeinsam mit einem Bassbauer entwickelte er in den 1990er Jahren ein Sechzehntel-Instrument, das einen frühen Zugriff auf den „Giganten“ ermöglicht. Entsprechend präsentiert sich dieses Buch als Versuch, die auf den ersten Blick unvereinbaren Welten kleine Kinder/große Instrumente einander anzunähern.
Den Anstoß indes gab die Illustratorin Eva Lotta Stein. Aus ihrer ursprünglichen Idee einer bebilderten Kontrabassschule entwickelte sich die vorliegende Geschichte: Noah besucht seine Freundin Pauline. Sie ist sehr aufgeregt, denn ihr Kontrabass ist verschwunden. Noah bemüht sich, ihr zu erklären, dass der Bass (um die Pointe vorwegzunehmen) tags zuvor in seinem Haus liegen geblieben ist, doch Pauline lässt ihn nicht zu Wort kommen, sondern stiftet ihn an, ihr bei der Suche behilflich zu sein. In deren Verlauf begegnen die Kinder nicht nur einem in freier Natur übenden Kontrabassisten, sondern stolpern über die unterschiedlichsten Situationen und Gegenstände, in denen sich gleichsam Basics der elementaren Musikerziehung spiegeln. Notendauern, Tonhöhen, verschiedene Rhythmen, ganze Liedmelodien – man muss sie, bildlich gesprochen, nur vom Baum pflücken.
Leider jedoch gerät die Metaphorik schon bald in Schieflage: Mögen verschieden große Fußstapfen als Sinnbild für die Simultaneität von Viertel- und Achtelnoten noch aussagekräftig sein, so wirken hinter dem Busch tanzende Noten, mit verschiedenen Notendauern behängte Hanteln und schließlich die 2/4- und 3/4-Züge, die die Kinder im Bahnhof erblicken, einigermaßen befremdlich. Hier kippen kindliche Vorstellungswelten. Die Bezüge, die tunlichst entstehen sollen, bedurften spürbar der auktorialen Brechstange. Die integrierten Lieder sind gewiss hübsch, hinsichtlich ihrer Machart aber nicht neu.
Und überhaupt: Noten über Noten, Wissen, Daten, Fakten! Warum so verkopft? Warum hat man es nicht mit einem assoziativ-spielerischen Zugang versucht, frei nach dem Motto: Hört mal, was ein Kontrabass alles kann? Brummen wie ein Bär, plätschern wie ein Bach… Wie viele Achtel in ein Zugabteil passen, lernt man dann schon noch.
Gerhard Anders