Riem, Wilhelm Friedrich

Kindersinfonie

für 2 Flöten, Streicher und Kinderinstrumente, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: eres, Lilienthal 2015
erschienen in: üben & musizieren 5/2015 , Seite 58

Drei Dinge braucht eine Kindersinfonie: die richtige Länge (nicht zu lang), den richtigen Schwierigkeitsgrad (nicht zu schwer) und die Verwendung von Kinderinstrumenten (möglichst bunt und durchaus auch einmal etwas lauter). Würde heute ein Komponist eine Kindersinfonie schreiben, dürften ganz bestimmt Fahrradklingel, Handy und Playstation mitspielen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sah das Spielzeug mit Trompete, Trommel, Vogelpfeifen, Schnarre und Triangel allerdings etwas bescheidener aus, war deshalb aber auch leichter in ein kleines klassisches Orchester zu integ­rieren.
Wilhelm Friedrich Riem, in seiner zweiten Lebenshälfte als Domorganist eine zentrale Gestalt des Bremer Musiklebens, hat diesen Instrumenten in seiner Kindersinfonie einen wirkungsvollen Rahmen aus Streichern und zwei Flöten geschaffen. Die beiden Flöten- und Violinstimmen sowie der Bass übernehmen in den drei gut überschaubaren Sätzen nicht nur den Hauptteil der musikalischen Arbeit, sie sind insbesondere in den Ecksätzen eine lebhafte klangliche Basis, auf der sich die Kinderinstrumente gut in Szene setzen können. Und da der Notentext durchaus Subs­tanz hat, ist diese Kindersinfonie ein klein wenig mehr als nur ein Spektakel, das den musikalischen Nachwuchs eine Viertelstunde lang beschäftigt und erfreut.
Wilhelm Friedrich Riem, der in Leipzig seine musikalische Ausbildung erhielt und später das bürgerliche Musikleben der Hansestadt Bremen wesentlich mit entwickelte, gab seiner um 1820 niedergeschriebenen Komposi­tion von Anfang an den Titel Kindersinfonie. Das viel bekanntere, Leopold Mozart zugeschriebene und bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstandene Werk für Kinderinstrumente und Orchester bekam diesen Titel erst mit der Erstausgabe 1813. Ob sich Riem daran ein Vorbild nahm oder ganz eigenständig auf diese pädagogisch ungemein charmante Idee kam, lässt sich nicht mehr entscheiden.
Sicher ist hingegen, dass eine Aufführung allen Beteiligten viel Spaß machen wird. Einem Laienorchester aus (Musik-)Schülern wird außerdem bei der Bewältigung der Streicherpartien nicht langweilig werden – insbesondere, wenn die Kinderinstrumente in den schnellen Sätzen einen entsprechend flotten Rhythmus vorgeben. Und sollten gerade einmal nicht genügend junge Musikanten zur Stelle sein, um Trommel, Triangel und Trompete zum Klingen zu bringen, so lässt sich mit den Streichern und den beiden Flöten auch ein ordent­licher musikalischer Effekt erzielen. Und selbst als Streichtrio wird man Riems Kindersinfonie noch mit Genuss hören können.
Daniel Knödler