Dartsch, Michael

Planvoll planen

Gedanken zur Planung von Musizierunterricht

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 06

Im Studium spielt das Planen von Instrumental- oder Gesangs­unter­richt meist eine bedeutende Rolle. Im Berufsalltag tritt es dann nicht selten etwas in den Hintergrund. Lehrkräfte der Elementaren Musikpraxis verbringen dagegen meist vergleichsweise viel Zeit mit dem Planen von Unterricht. Niemand aber wird gerne von sich sagen wollen, er unterrichte “planlos”. Dieser Beitrag will das Planen noch einmal gründlich ausleuchten.

In einem ersten Schritt soll es um die Frage gehen, was alles geplant oder bei der Planung berücksichtigt werden soll und kann. Im zweiten Schritt wird die Umsetzung im Unterrichtsalltag, im dritten werden verschiedene Formen der Planung thematisiert. Im Untertitel wird der Vorschlag Andreas Doernes aufgegriffen, statt von Instrumental- und Vokalpädagogik lieber von „Musizierpädagogik“1 zu sprechen; hier soll der Begriff „Musizierunterricht“ allerdings auch die Elementare Musikpraxis umgreifen.

Inhalte von Unterrichtsplanung

Nach Wolfgang Schulz gilt es, vier Faktoren zu berücksichtigen: die Ausgangslage, die Unterrichtsziele einschließlich der Unterrichtsthemen, die Vermittlungsvariablen und die Erfolgskontrolle.2 Zur Übertragung dieser Faktoren auf den Instrumental- und Gesangsunterricht sei hier von einem konkreten Beispiel aus dem Unterrichtsalltag ausgegangen: Ein Schüler kommt nach einem Lehrerwechsel zum ersten Mal in den Unterricht zur neuen Lehrperson. Was muss diese leisten, um didaktisch sinnvoll handeln zu können?

Analyse der Ausgangssituation
Zunächst muss sie einen Überblick darüber gewinnen, wen sie vor sich hat und wo der Schüler auf seinem Instrument steht. Sie wird sich kurz mit ihm unterhalten, ihn vielleicht nach der Unterrichtszeit bei der vorigen Lehrkraft und nach gespielten Stücken fragen, aber vielleicht auch danach, was er gerne spielt, wie er zum Instrument gekommen ist, ob er mit anderen musiziert hat und manches mehr. Schließlich wird sie ihn vorspielen lassen und sich dabei ein Bild davon machen, wie weit der Schüler auf seinem Inst­rument ist und wo seine Stärken und Schwächen liegen. Erst hierdurch gewinnt sie einen Ansatzpunkt für das eigene Unterrichten. In diesem Zusammenhang wird sie auch – falls nicht schon geschehen – den Unterrichtsort, den zukünftigen Unterrichtstermin und die Dauer der Stunden klären.

Zusammengefasst und verallgemeinert lassen sich bei der Ausgangslage zwei Bereiche unterscheiden: die Rahmenbedingungen und die aktuelle Situation. Alles, was sich kurzfristig nicht ändert, gehört zu den Rahmen­bedingungen. Hier wäre also das Alter der Schülerin oder des Schülers ebenso zu nennen wie die Persönlichkeit und die grundsätzliche Motivation. Anhaltspunkte können auch Merkmale des Elternhauses bieten: Sind die Eltern musikinteressiert oder musizieren sie gar selbst, gibt es musizierende Geschwister? Kann sich die Familie die Unterrichtsgebühren leisten? Vielleicht wird man auch klären, ob die Eltern beim Üben oder im Unterricht dabei sein können. Zu den Rahmenbedingungen zählt auch der Zeitraum des bisher erhaltenen Instrumentalunterrichts. Bei Erwachsenen etwa macht es einen Unterschied, ob sie früher einmal gespielt haben und wieder einsteigen möchten oder ob sie ganz neu beginnen. All dies sind, um mit dem Didaktiker Paul Heimann zu sprechen, „Bedingungsfelder“, auf die es sich einzustellen gilt. Manche der Rahmenbedingungen kann die Lehrkraft hingegen selbst setzen, sie sind „Entscheidungsfelder“.3

1 vgl. Andreas Doerne: „Wir brauchen eine Revolution! Zur Zukunft von Musikschulen in einer ,Bildungsrepub­lik Deutschland‘“, in: üben & musizieren 4/2011, S. 12.
2 vgl. Wolfgang Schulz: „Die lehrtheoretische Didaktik. Oder: Didaktisches Handeln im Schulfeld. Modellskizze einer professionellen Tätigkeit“, in: Herbert Gudjons/Rita Teske/Rainer Winkel (Hg.): Didaktische Theorien. Aufsätze aus der Zeitschrift Westermanns Pädagogische Beiträge, Braunschweig 1980, S. 32; Wolfgang Schulz: Unterrichtsplanung, München 1980, S. 82.
3 vgl. Paul Heimann: „Didaktik als Theorie und Lehre“, in: Die Deutsche Schule, Jahrgang 54, 1962, Heft 9, S. 407-427, abgedruckt in: Paul Heimann: Didaktik als Unterrichtswissenschaft, hg. und eingeleitet von Kersten Reich und Helga Thomas, Stuttgart 1976, S. 142-167, hier: S. 154, http://uni-koeln.de/hf/konstrukt/ reich_works/buecher/heimann/heimann_7.pdf (Stand: 23. August 2014).

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2015.