Krauze, Zygmunt

Little Variations/Gnomes Dances

for Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: PWM Edition, Kraków 2014
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , Seite 55

Der 1938 in Warschau geborene, dort und in Paris ausgebildete sowie vielfach ausgezeichnete Komponist und Pianist Zygmunt Krauze hat die vorliegenden Stücke bereits 1958 komponiert. Ihre Nähe zur Theorie des „Unismus“ des Malers Wladyslaw Strzeminsky (1893-1952), der eine polnische Anlehnung seiner Arbeiten an den Konstruktivismus suchte, ist hierbei unverkennbar. Deutlich wird dies in der Art und Weise, wie er strukturelle und klangliche Elemente unter besonderer Einbeziehung transparenter rhythmischer Bewegungen einsetzt.
So lassen sich die Little Varia­tions auf ein Skalenmaterial von nur sieben Noten zurückführen, was ein wenig an einen Modus bei Messiaen erinnert. Sie tauchen in unterschiedlichen Konzentrationen und Registern in den einzelnen Variationen auf und verleihen ihnen auf diese Weise jeweils ihren eigenen musikalischen Ausdruck und Charakter.
Die erste Variation wirkt mit ihren zwischen den Händen sich abwechselnden Achtelbewegungen wie eine Flucht, gehetzt und am Ende im Ritardando verschwindend. Die zweite hat etwas Fröhliches im leisen Ton, während die dritte schwerfällig und am Ende ersterbend klingt. Hieran knüpft die vierte Varia­tion im schmerzenden und klagenden Tonfall an, wozu die fünfte scherzend, lebhaft und humorvoll einen deutlichen Gegensatz bietet. Der folgende Marsch leitet schließlich in einen abschließenden, weitgreifenden triolischen Galopp über.
Der Schwierigkeitsgrad ist nicht leicht zu bestimmen, denn spieltechnische und gestalterische Anforderungen sind hier sehr unterschiedlich einzuordnen (leicht bis mittel?). Letztere sollten vom Schüler unbedingt bewältigt werden können, da sonst die Stücke ihren Reiz und ihre Überzeugungskraft verlieren. Die intellektuelle Erfassung und Analyse ist jedoch nicht schwierig und kann bei der Erarbeitung ein Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen sein, sodass auch fortgeschrittene SchülerInnen ihre Freude an der Darstellung ihrer durchscheinenden Ausdruckscharaktere finden werden.
Die vier Gnomes Dances stellen in musikalisch-gestalterischer und auch in spieltechnischer Hinsicht höhere Anforderungen. Sie stehen im mittleren Schwierigkeitsgrad und bieten in jedem der vier Sätze vielschichtige, oft weit auseinanderliegende musikalische Verläufe, die vor allem durch die Verwendung sehr unterschiedlicher und dabei sehr konsequent eingesetzter rhythmischer Strukturen musikalische Charaktere eindeutig wiederspiegeln.
Beide Kompositionen sind in ihrer Struktur äußerst klar und homogen. Sie wirken nicht durch musikalische Gegensätze und Höhepunkte oder spannungsreiche Entwicklungen innerhalb der einzelnen Sätze. Dafür zeigen sie jedoch untereinander gegensätzliche musikalische Charaktere auf, die den (jungen) Pianisten vor lohnenswerte gestalterische Aufgaben stellen.
Romald Fischer