Mayrlechner, Daniela

Lehren und Lernen im Tandem

Beobachtungen und Erfahrungen aus einem Wiener Kooperationsprojekt

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , Seite 20

In einem Wiener Kooperations­projekt arbeiten Lehrkräfte der Primarstufe, MusikschullehrerInnen und HochschuldozentInnen zusammen. Die dort gesammelten Erfahrungen bieten eine wichtige Grundlage zur Weiterentwick­lung der Unterrichtsqualität.

„Monte Laa“ – das ist die liebevolle Bezeichnung der WienerInnen für den im Süden Wiens gelegenen Laaer Berg. Seit dem Jahr 2012 steht der Name darüber hinaus auch für ein musikpädagogisches Forschungs- und Unterrichtsentwicklungsprojekt, ein Kooperationsprojekt des Instituts für Musikpädagogik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, der ganztägig geführten Volksschule (entspricht der deutschen Grundschule) des Campus Monte Laa sowie der Musikschule 10a der Stadt Wien.
Grundlage der Kooperation ist „das gemeinsame Eintreten der Projektpartner für die Erfüllung eines umfassenden musikalischen Bildungsauftrags“.1 Die intensive Zu­sammen­arbeit der Lehrkräfte aus den Bereichen Volksschule, Musikschule und Musikuniversität, das Einbringen der jeweiligen Kompetenzen und Perspektiven sowie die wissenschaftliche Begleitung sollen zur Unterrichtsentwicklung im Rahmen des Projekts bei­tragen. Die Entwicklung des Unterrichts wird jedoch nicht nur auf das aktuelle Setting beschränkt gedacht: Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts zielt insbesondere auf die „Qualifizierungsdynamik“ im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden ab, also ob und in welcher Weise dieses Miteinander-Lehren auch ein Voneinander-Lernen mit sich bringt oder – durch aktive Maßnahmen zur Kompetenzerweiterung – bringen kann.
Es wurden also unterschiedliche Modelle entwickelt und initiiert, in welchen die Lehrenden der eingangs genannten Institutionen über kürzere oder auch längere Zeit auf mehr oder weniger intensive Art und Weise kooperieren. Dabei tritt eine EMP-Lehrkraft in vielfältiger Weise mit den Lehrenden und den SchülerInnen am Campus in Beziehung.

Im Tandem steckt Potenzial

Ob nun zwei oder mehrere Personen sich gemeinsam auf den Weg machen, ein Ziel zu erreichen: Im Radsport recht bekannt, ist der Begriff des Tandems auch in der pädagogischen Literatur zu finden – allerdings eher selten im Vergleich zu anderen möglichen, die unterricht­liche Zweisamkeit beschreibenden Begriffen wie z. B. jenem des Teamteachings.2 Tatsächlich zeichnet der Begriff Tandem ein sehr anschauliches und in vielerlei Hinsicht treffendes Bild des gemeinsamen Lehrens: Um auf einem Tandem auch längere Strecken überwinden zu können, braucht es zwei starke Partner, zwei Menschen, die am selben Strang ziehen, die sich derselben Auf­gabe verschrieben und sich auf ein Ziel geeinigt haben – all das lässt sich auf die Kooperationsbeziehung und das Lehren im Tandem übertragen.
Viele Möglichkeiten eröffnen sich durch das Lehren im Tandem. Das legen Studien nahe, welche die Auswirkungen funktionierenden Teamteachings auf die Entwicklung der SchülerInnen, die Möglichkeit individueller Förderung, beschreiben.3 Lehrende sprechen von erhöhter Effizienz und Intensität des Unterrichts;4 selbst LehrerInnen, deren Erwartungen an das Unterrichten im Tandem im Rahmen des Projekts JeKi zum Teil stark enttäuscht wurden, messen dieser Sozialform des Lehrens ein „enormes positives Poten­zial“5 zu.

1 So festgehalten in einer Vereinbarung der Projektpartner vom Mai des Jahres 2011.
2 Katharina Lehmann, Lina Hammel und Anne Niessen argumentieren für die Verwendung des Begriffs „Tandem“ insofern, als dieser weniger eindeutig besetzt sei als die im pädagogischen Diskurs stark normativ geprägten Begriffe „Teamteaching“ oder „Kooperation“. Katharina Lehmann/Lina Hammel/Anne Niessen: „‚Wenn der eine den Unterricht macht und der andere diszipliniert…‘ Aufgabenverteilung im Lehrenden-Tandem des musikpädagogischen Programms ‚Jedem Kind ein Instrument‘“, in: Jens Knigge/Anne Niessen (Hg.): Musikpädagogisches Handeln. Begriffe, Erscheinungsformen, politische Dimensionen, Essen 2011, S. 195-212.
3 vgl. Lehmann/Hammel/Niessen, a. a. O., S. 210.
4 vgl. Brigitte Frommherz/Therese Halfhide: „Teamteaching an Unterstufenklassen der Stadt Zürich. Beobachtungen in sechs Klassen“, Pädagogisches Institut der Universität Zürich, www.uni-koeln.de/ hf/konstrukt/didaktik/teamteaching/teamteaching_zuerich.pdf (Stand: 1.5.2014).
5 vgl. Anne Niessen/Katharina Lehmann: „Positives ­Potenzial im ­Tandem. Ergebnisse einer Interviewstudie zur Aufgabenverteilung im ersten JeKi-Jahr“, in: üben & musizieren 2/2012, S. 46-48.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 4/2014.