Hoch, Peter

Blind Date

Vier kleine Klavierstücke mit ge­schlossenen Augen zu spielen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: H. H.-Musikverlag, Helmstadt 2013
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , Seite 53

Peter Hoch (*1937) hat schon zahlreiche Klavierwerke für Kinder und Jugendliche veröffentlicht, in denen unterschiedliche Kompositionstechniken des 20. und 21. Jahrhunderts angewendet werden: u. a. die Zwölftonkomposition Klavierstück 67 und die Scratch Music for Piano in grafischer Notation mit Zuspiel-CD. Manchen wird er noch aus seiner Lehrzeit an der Bundesakademie in Trossingen bekannt sein, wo er von 1974 bis 2001 Fortbildungen für Musiklehrkräfte gab.
Die Ausgabe von Blind Date wirkt auf den ersten Blick mit ­ihren nur vier Seiten (zwei mit Text, zwei mit Notenbeispielen) nicht besonders vielversprechend. Auf den zweiten Blick überzeugt dann aber der originelle Ansatz, mit geschlossenen Augen unter verbalen Anweisungen diese vier Klavierminiaturen zu spielen. Im Vorwort ist zu lesen: „Zur Einstudierung werden die Anweisungen Punkt für Punkt vorgelesen und unmittelbar mit geschlossenen Augen umgesetzt.“
Diese verbalen Anweisungen sind einfach und für junge KlavierspielerInnen sehr verständlich gehalten. Einzig der Begriff des Clusters sollte dabei vertraut sein. „Wechsle nach einer kurzen Atempause, ruhig, zu einem Klang, der sehr eng beieinander liegt. Greife in der rechten Hand 3 bis 4 eng zusammenliegende Töne (Sekundabstände) mit schwarzen und weißen Tasten, mit der linken Hand eine schwarze Taste, die sehr nahe bei den Tönen der rechten Hand liegt.“
Von den Händen wird eine gewisse Unabhängigkeit erwartet, besonders in Nummer IV „Eine kleine Minimal-Music“, wo die rechte Hand immer einen Ton dazu nimmt, während die linke Hand durchgehend zwei Töne spielt. Hinweise zum Pedalgebrauch gibt es bei den Anweisungen nicht. Die Notenbeispiele dienen lediglich als kurze Exempel, wie eine konkrete Ausarbeitung der Miniaturen sein könnte. Wer diese dem anderen Weg der Einstudierung vorzieht, kann dann darüber weitere Va­rianten erfinden. Sie geben auch Aufschluss über Möglichkeiten des Pedalgebrauchs. Aber es geht Peter Hoch vor allem um den kreativen Ansatz, kurze Klavierstücke über den haptisch-taktilen Weg zu erfinden. Auf diesem Weg können neben sehenden SpielerInnen, welche die Augen schließen sollen, auch Erblindete kleine Musikstücke erfinden.
Sicher wäre es gut gewesen, wenn die Ausgabe weiterführende Gedanken enthalten würde, beispielsweise wie das akustische Ereignis wahrgenommen und weiterverarbeitet werden könnte. Oder inwieweit Bilder und eventuell eine kleine Geschichte den Miniaturen ein gewisses Erinnerungsvermögen und eine klangliche Weiterführung ermöglichen. Sympatisch ist Hochs Ansatz aber allemal, denn er regt zum Improvisieren und zum Erfinden von Klängen über einen außergewöhnlichen Weg an, bei dem das Vorstellungsvermögen und der Tastsinn in besonderer Weise geschult werden.
Christoph J. Keller