Steenhoven, Karel van

Breath Machine / Head Wind

8 Duette für 2 Altblockflöten, Spielpartitur / für Altblockflöte solo, Ventilator ad lib.

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: üben & musizieren 2/2014 , Seite 55

Mit Breath Machine ist Karel van Steenhoven ein wichtiger Beitrag zum Repertoire für Blockflöte gelungen, gibt es doch wenige neuzeitliche Duette für Altblockflöten auf mittelschwerem Niveau. Die acht Duette mit Titeln wie Hoketus Machine, Funk Machine, Old Dance Machine und Rhythm & Blues Machine sind charakterlich unterschiedlich, haben aber eines gemeinsam: Sie sind ein gutes Training für angehende EnsemblespielerInnen, die schon Erfahrung mitbringen. Komplementäre Rhythmen und Melodien, stetiger und variabler Puls, Off-Beats und Verschieben der Taktschwerpunkte fördern das gemeinsame Rhythmus- und Pulsempfinden und das Reagieren aufeinander. Peppig und jazzig ist nicht nur der Rhythmus: Moderne Techniken wie sputato, perkussive Geräuschklänge und Flatterzunge unterstützen die Idee und werden ganz nebenbei geübt.
Im Notentext werden verschiedene Artikulationen gefordert, oft unterstützt durch entsprechende Artikulationssilben. Bubble Machine verlangt kurze Bindungen auf den Schlag oder im Off-Beat – hier hört man förmlich die zerplatzenden Kaugummiblasen. Wind Machine und Soft Machine legen dagegen auf längere Legato-Phrasen wert. Soft Machine verbindet sie mit effektvoller Dynamik, gerade im Piano- und Pianissimo-Bereich: ein Fall für spannende Experimente mit Atemkontrolle und Atemführung, Decrescendo ohne Intonationsschwankungen und Nebengriffe.
Ein Duett der ganz anderen Art ist Head Wind für Altblockflöte und Ventilator: „eine musikalische Geschichte über Luftbewegungen, Ein- und Ausatmen und deren Beziehungen zum Flötenton“ (van Steenhoven). Head Wind, zu Deutsch „Gegenwind“, spielt mit Nähe und Entfernung des Blockflötisten zum Ventilator, das heißt der Störung des Flötentons durch den Gegenwind der aufgewirbelten Luft. Obwohl die Komposition auch als reines Solo gespielt werden kann, ist doch gerade das theatralische Moment spannend: Gesten, Körperhaltungen und Positionen auf der Bühne haben im Zusammenspiel mit dem Ventilator direkten Einfluss auf das klangliche Ergebnis. Die Beziehung der beiden „Partner“ ist kontrovers: In einem Moment scheint der Ventilator den Spieler zu unterstützen, im nächsten beschwert sich der Blockflötist mit hohen sforzati ob der Starrheit des „Mitspielers“.
Head Wind ist im Schwierigkeitsgrad als schwer einzustufen: Die Komposition beginnt mit Tonfetzen, die der Wind über die Wüste in die Ferne trägt. Hier und auch immer wieder während Phasen des Stillstands im Verlauf des Stücks werden variable und extreme Dynamik, leise Nebengriffe und Flageolett in Kombination mit plötzlichen sforzati in der dritten Oktave verlangt. Im Kontrast dazu stehen die virtuosen, temperamentvollen Ausbrüche, die oft auch rhythmisch anspruchsvoll sind. White Noise, Einsatz der Stimme mit und ohne Flötenton, laute Nebengriffe sind die zusätzlichen Mittel im Zwiegespräch der Kontrahenten – bis sie am Ende zu einem zufriedenen konstruktiven Miteinander finden.
Lucia Mense