Gruber, Uli

13 Easy Blues Pieces

for Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Doblinger, Wien 2013
erschienen in: üben & musizieren 2/2014 , Seite 58

Blues ist bereits ein historischer Stil geworden, da stellt sich die Frage, inwiefern einfache Blues-Songs dem traditionellen Klavierunterricht mehr Schwung und Aktualitätsbezug verleihen können. Als Pro-Argument kommt sicherlich die ostinate Begleitung der linken Hand ins Spiel, die sich tapfer der Synkopen spielenden rechten Hand zu erwehren hat und das Rhythmusgefühl schult. Die Blue Notes haben weiterhin ein charakteristisches Klangpotenzial, sie stellen die Verbindung zur heutigen Popmusik her. Außerdem kann man hier auf „natürliche“ Weise  Vorzeichnung und Auflösen der zwischen Moll und Dur pendelnden Blue Notes erfahren.
Die schönen Zeichnungen im Heft illustrieren den jeweiligen Titel und geben einen Hinweis, dass sich das Heft an junge SpielerInnen wendet. Die nach Schwierigkeitsgrad geordneten 13 Stücke setzen ein bis zwei Jahre Klavierunterricht voraus. Somit startet der erste Blues folgerichtig in C-Dur, die linke Hand wechselt bluestypisch zwischen Quinte und Sexte, der Tonraum reicht von F bis c”. Eine Stärke des Hefts sind die klaren Themen und die konsequente Durchführung der Motive. Das erleichtert gerade den noch nicht geübten SpielerInnen die Orientierung und hilft beim zügigen Erlernen der Stücke. Zudem werden die Rhythmen behutsam eingesetzt: So ist der erste Teil des Blues March synkopenfrei, in der zweiten Hälfte darf dann die vorgezogene „1“ den ersten rhythmischen Schleudertest auf dem zuvor asphaltierten Begleitrhythmus provozieren. Trotz der Einfachheit klingen die Miniaturen wirklich ansprechend.
Doch reicht das aus, um sich von der Masse der erhältlichen Easy-Blues-Songs abzuheben? Da zieht Komponistin Uli Gruber noch einen Trumpf aus dem Ärmel, indem sie dem vermeintlich obligatorischen 4/4-Takt entflieht und mit 3/4, 6/8, 7/4 und 5/4 andere Bezüge zur Bluesthematik herstellt. Besonders gelungen ist der Titel Five In A Row: Hier werden die ersten beiden Beats des ursprünglichen 4/4-Takts auf je eine punktierte Viertelnote verlängert und durch diesen kleinen operativen Eingriff bekommt der Song einen ganz anderen Bezug. Gut auch die Idee, die Backbeats auf der „2“ und „4“ durch Weglassen der „3“ einzufordern und dies in einen Reggae Blues zu verpacken.
Ein wenig schade ist, dass es keine Anmerkungen oder einen Einleitungstext seitens der Autorin gibt. Es fehlen leider auch ­dynamische Angaben und Artikulationszeichen, das würde an manchen Stellen sicherlich das stiltypische Betonen und Gestalten verdeutlichen.
Fazit: Mit den 13 Easy Blues Pieces lernt man zwar nicht Blues und Boogie zu spielen – dafür müsste mehr grundsätzliches Handwerk wie Hammerings, Slices, Blueslicks etc. trainiert werden –, aber es ist eine abwechslungsreiche und gut gesetzte Sammlung, die Einsteiger spielerisch auf rhythmisch vertracktere Anforderungen vorbereitet.
Wolfgang Wierzyk