Herrmann, Michael

Sein eigener Chef sein

Leiter einer privaten Musikschule

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 1/2013 , Seite 24

Es war ein schwerer und lange ­hinausgezögerter Schritt, eine eigene Musikschule zu eröffnen. Mein gesamtes Umfeld, Freunde und Bekannte, sogar meine Eltern rieten mir ab. “Mit einer Musikschule kannst du nicht reich werden”, hieß es immer. Dabei wollte ich das gar nicht – ich wollte unterrichten, dabei mein eigener Chef sein und in meiner kleinen Heimatstadt Bildungs- und Kulturarbeit leisten. Mehr nicht.

Als ich mich endlich zur Gründung einer ­Musikschule durchgerungen hatte, ahnte ich langsam, dass die zahlreichen Unkenrufe durchaus ihre Berechtigung hatten: Meine Anfangszeit glich eher einem Kampf gegen Windmühlen als dem idealisierten Bild des Musiklehrers, der mit seinen SchülerInnen arbeitet und musiziert. So hatte ich etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – erst fast zwei Jahre nach der Existenzgründung davon erfahren, dass eine Künstlersozialabgabe existiert, die ich bezahlen muss.
Heute hat sich vieles geändert: Unsere Musikschule ist nach nunmehr knapp zehn Jahren etabliert, wir unterrichten zusammen mit etwa 30 freiberuflichen Lehrkräften etwa 450 bis 500 SchülerInnen und haben vor Ort ein gewisses Renommee erreicht. Trotzdem ist vieles anders, als ich es mir ursprünglich vorgestellt hatte. In meinem Konzept hatte ich vorgesehen, 80 bis 90 Prozent meiner wöchentlichen Arbeitszeit zu unterrichten und die restlichen zehn bis zwanzig Prozent auf Verwaltungstätigkeiten zu verwenden. Schnell stellte sich heraus, dass als Leiter eines Unternehmens – und nichts anderes ist eine private Musikschule – das Verhältnis Unterricht zu Verwaltung im genau gegenteiligen Verhältnis steht. Tatsächlich stehen mir also nur etwa zehn bis zwanzig Prozent meiner Zeit für Unterricht zur Verfügung, den Rest verbringe ich mit anderen Aufgaben.
Dazu gehört vor allem die Organisation der Musikschule: Unterrichtstermine mit den Eltern der Schüler vereinbaren, Termine verschieben, Ansprechpartner für alle Problemfälle der Welt sein, Bewerbungsgespräche mit Lehrkräften führen. Wenngleich die eben genannten Aufgaben mehr oder minder zu erwarten waren, gibt es noch einen weiteren ganz wesentlichen Punkt, der mir lange nicht klar war und heute fast den größten Teil meiner Arbeit umfasst: Marketing.

Marketing und Verdienstdebatten

Vor einigen Jahren – noch vor meiner Zeit als Musikschulleiter – besuchte ich eine Reihe von Schulungen zum Thema „Marketing“. Im Zuge der zahlreichen Vorträge hervorragender Referenten blieb mir vor allem ein Satz in Erinnerung: „Stell dir vor, du hast ein super Produkt, aber keiner weiß, dass es dieses Produkt gibt. Was du jetzt brauchst, ist Marketing.“ So begann ich, mir Werbeaktionen auszudenken, um unsere kleine Musikschule in unserer Stadt bekannter zu machen. Und das nahm unglaublich viel Zeit in Anspruch, war aber notwendig, da wir eine gesunde Grö­ße erreichen wollten, mit der unsere Musikschule in der Lage war, sich wirtschaftlich zu tragen. Auch heute muss ich ständig Marketingaktionen durchführen, um mich ge­gen­über der Konkurrenz klar zu positio­nieren.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2013.