Oster, Martina / Sina Hosbach / Matthias Kruse (Hg.)

Zur Nachhaltigkeit von Bläserklassen an allgemeinbildenden Schulen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Olms, Hildesheim 2012
erschienen in: üben & musizieren 6/2012 , Seite 58

Der Sammelband umfasst neben einem Vorwort sechs Beiträge zu Fragestellungen rund um die Nachhaltigkeit von Bläserklassenunterricht. Ausgangspunkt für die Aufsätze war der Bläserklassentag 2008 in Hildesheim, der zum einen Anlass für ein Kooperationsprojekt des Kultusministeriums Niedersachsen und der Stiftung Universität Hildesheim war und zum anderen die Möglichkeit bot, Interviews mit BläserklassenschülerInnen aus Niedersachsen zu führen.
Melanie Nagel erörtert in ihrem Beitrag „Musikklasse – warum eigentlich?“ die Beweggründe, die für das Einrichten einer Musikklasse sprechen und den Trend zu Bläser-, Streicher-, Chor- und Bandklassen an allgemein bildenden Schulen erklären könnten. In Form eines Literaturberichts verweist sie sowohl auf die Ergebnisse empirischer Studien als auch auf bildungstheoretische Positionen und Aspekte der individuellen Schulprofilentwicklung.
Sina Hosbach und Martina Oster führten im Rahmen einer qualitativen Studie Experten-Interviews mit BläserklassenleiterInnen an allgemein bildenden Schulen und klären Fragen „Zur Effizienz und Nachhaltigkeit von Bläserklassen“. Ihre Studie gibt zudem aus Sicht der LehrerInnen Einblick in Gelingensbedingungen beim Einrichten einer Bläserklasse, in die Erwartungen an ein solches Projekt, die Möglichkeiten der Vorbereitung auf die spezifische Lehrsituation sowie in Aspekte der Kooperation mit außerschulischen Institutionen.
Nathalie Schmidtmeyer verfolgt in einer quantitativen Studie die Frage „Bläserklasse – und dann?“ und befragt dazu ehemalige SchülerInnen aus Bläserklassen und vergleicht deren Aussagen mit denen von SchülerInnen aus Parallelklassen. Auch wenn die Studie aufgrund der für quantitative Verfahren recht kleinen Stichprobe (befragt wurden 349 ehemalige SchülerInnen an drei Schulstandorten) nicht für alle untersuchten Hypothesen allgemein gültige Aussagen liefern kann, verweisen Schmidtmeyers Ergebnisse auf zentrale Kriterien für nachhaltige Bläserklassen­arbeit und offene Fragen in Hinblick auf einen gerechten Zugang zu musikalischen Bildungsangeboten.
Der Beitrag „Zusammen spielt man weniger allein“ von Julia Massek und Vera Stanitzok erörtert, welche Möglichkeiten SchülerInnen, Eltern und Lehrende sehen, um nach der Zeit in der Bläserklasse weiter in Ensemb­les zu spielen. Es wird deutlich, dass die SchülerInnen und Eltern über Angebote von Institutionen und Vereinen oft nicht gut informiert sind. Um eine langfristige Teilnahme am Musikleben der Region zu ermöglichen, ist es demnach eine wichtige Aufgabe, den SchülerInnen frühzeitig Einblicke in entsprechende Angebote zu vermitteln.
Der zweite Artikel von Martina Oster und Sina Hosbach stellt die Ergebnisse der oben genannten Schülerbefragung auf dem Bläserklassentag 2008 dar. Die Studie gibt aus Sicht der SchülerInnen Einblick in Aspekte der Bläserklassenpraxis und die Zukunftspläne der TeilnehmerInnen. Der letzte Beitrag des Bandes „Klassenmusizieren versus Musiklernen?“ von Matthias Kruse geht der Frage nach, ob die Praxis des Klassenmusizierens einem genuin musikalischen Lernen entgegensteht. Der Autor skizziert einen Musikunterricht, der sich an den lerntheoretischen Überlegungen Wilfried Gruhns orientiert und macht „auf ein solches Lernen aufmerksam […], um der Gefahr entgegenzuwirken, dass das Klassenmusizieren solche Aspekte überdeckt“.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Autorinnen und Autoren vielfältige Aspekte des Titelthemas beleuchten und darüber hinaus zentrale Prob­lemstellungen der Praxis von Bläserklassen empirisch bearbeiten. Vor allem für LehrerInnen, die in Bläserklassen arbeiten oder die Einrichtung eines Projekts planen, ist die Lektüre lohnenswert, da die dargestellten Ergebnisse Anregungen bieten, die eigene Praxis weiterzuentwickeln und zu verbessern. Kritisch muss angemerkt werden, dass zum Teil relevante empirische Ergebnisse vor allem aus den Forschungsprojekten rund um die Initiative JeKi sowie aus der MUKUS-Studie nur unzureichend mit den Ergebnissen aus den Teilstudien in Beziehung gesetzt wurden, obgleich hier vielfach ganz ähnliche Fragestellungen bearbeitet werden.
Thade Buchborn