Sonder, Ite

„Wir zeigen Vielfalt“

Der erste österreichische EMP-A-Tag präsentierte ein breites Veranstaltungsangebot zum ­Elementaren Musizieren

Rubrik: Bericht
erschienen in: üben & musizieren 5/2012 , Seite 42

Unter dem Motto „Wir zeigen Vielfalt“ fanden am 1. Juni an vier der renommiertesten musikalischen Ausbildungsstätten Österreichs – in Salzburg, Linz, Wien (hier sogar mehrere Tage lang) und Graz – Veranstaltungen rund um die Elementare Musikpädagogik statt. Impulsgeberin des Aktionstags war die EMP-A, die Arbeitsgemeinschaft der Ausbildungsstätten Elementare Musikpädagogik Austria. Seit 2010 vernetzt die EMP-A die Musikuniversitäten und Konservatorien Österreichs mit ihren unterschiedlichen Studienangeboten für diesen Fachbereich. Bereits mit Blick auf die Ausbildungsinstitute lässt sich eine sehr große Vielfalt erkennen: An acht Standorten mit insgesamt elf Instituten werden Lehr- und Studiengänge in den Bereichen Elementares Musizieren, Elementare Musikpädagogik, Rhythmik und Elementare Musik- und Tanzpädagogik angeboten. Im Studium ist die EMP meist Zusatzfach zur ­Instrumental- und Gesangspädagogik, kann aber auch ein Rhythmik-Studium ergänzen (Wien) oder als Hauptfach mit instrumentalem Zusatzfach studiert werden (Linz).
In Wien fanden rund um den ersten EMP-A-Tag vier Veranstaltungen statt: Elementares Musizieren mit Studierenden der EMP und TeilnehmerInnen des Lehrgangs Elementares Musizieren im Museum für moderne Kunst, ein musikalisches Mitmach-Theater mit dem Titel Der Geräuschomat und der verrückte Erfinder für Kinder, eine Jahresrückschau der Rhythmik-Abteilung und ein Kurzsymposion zum Thema „EMP und Rhythmik – Gemeinsamkeiten und Unterschiede“. Eine im Vorfeld geplante Ausstellung war aus Zeitgründen leider abgesagt worden.
An der Veranstaltung im Museum für moderne Kunst setzten sich die TeilnehmerInnen mit Objekten der derzeit laufenden „Pop-Art“-Ausstellung auseinander. Geleitet wurde die Gruppe von Ruth Schneidewind, Leiterin des Universitätslehrgangs EMP an der Wiener Musikuniversität und zugleich Hauptinitiatorin des EMP-A-Tages. In einem ersten Durchgang ließen sich die TeilnehmerInnen spontan von einzelnen Ausstellungsobjekten inspirieren und kommentierten diese dann pantomimisch und stimmlich. Gruppen bildeten sich, um die Aussagen Einzelner gegenseitig zu verstärken oder zu paraphrasieren, und lösten sich wieder.
Im zweiten Durchgang war die Aufgabenstellung komplexer: Über die pantomimische Darstellung abstrakter Begriffe wie Symmet­rie, Variation, Kontrast, Verfremdung etc. fanden sich TeilnehmerInnen zu festen Kleingruppen zusammen. Jede Gruppe suchte sich in der Ausstellung daraufhin ein Objekt aus, bei dem der zuvor dargestellte Begriff besonders gut erkennbar war. Auf Blättern wurden sprachliche Assoziationen zum Objekt notiert und auf dem Boden ausgebreitet. Anschließend erarbeitete jede Gruppe – ausgehend vom zuvor pantomimisch dargestellten Begriff – eine Bewegungschoreografie. In einem letzten Schritt bereicherten die Gruppen gegenseitig ihre Darstellungen durch musikalische Improvisationen am Instrument.
Diese Veranstaltung zeigte besonders deutlich, was in der theoretischen Auseinandersetzung im Rahmen des Kurzsymposions diskutiert wurde: Das Elementare Musizieren ist im Gegensatz zur Rhythmik zweckfrei. Hier geht es nicht darum, Normen zu erfüllen, ein Publikum zu begeistern, Lernfortschritte zu dokumentieren oder Menschen zu therapieren. Es geht einzig um den Prozess, ums Musizieren um des Musizierens willen und um die „Stimmigkeit“ (Ruth Schneidewind) des Prozesses.
Insgesamt vermittelten die Veranstaltungen ein recht heterogenes Bild, was sicher dem Motto der Vielfalt entsprach. Allerdings fragt man sich, wer mit den EMP-A-Tagen eigentlich angesprochen werden sollte. Wem sollte diese Vielfalt gezeigt werden? Und welcher rote Faden verband die Vielfalt? Im Grunde hatte jede der Veranstaltungen eine andere Zielgruppe: im Museum waren es die Mitwirkenden selbst (darüber hinaus herrschte sehr wenig Publikumsverkehr, was in der Planung auch intendiert war), beim Kindertheater das (zahlreiche und begeisterte) Publikum, bei der Rhythmikveranstaltung Studierende und Interessierte und beim Kurzsymposion, bei dem es um eine Standortbestimmung ging, vor allem FachbereichskollegInnen und Studierende.
Für einen zweiten EMP-A-Tag würde ich mir ein profilierteres Konzept wünschen, denn die gesellschaftliche Relevanz des Elementaren Musizierens und damit auch der EMP liegt auf der Hand: Wer Menschen, gleich welchen Alters und welcher Herkunft, Spielräume eröffnet, in denen sie sich frei von „richtig“ und „falsch“ ausdrücken und mit­einander in Kommunikation treten können, Spielräume, in denen jeder so sein darf, wie er ist, und in denen jeder seinen Teil zum Gelingen des Ganzen beiträgt, leistet einen großen Beitrag zur Kommunikationskultur und somit zum gewaltfreien Miteinander in unserer Gesellschaft.

Lesen Sie weitere Beiträge in Ausgabe 5/2012.