Küntzel, Bettina

Kinder & Musik

Was Erwachsene wissen sollten

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Klett/Kallmeyer, Seelze 2010
erschienen in: üben & musizieren 5/2012 , Seite 58

Um es vorwegzunehmen: Beim Buch von Bettina Küntzel handelt es sich nicht um einen Ratgeber im herkömmlichen Sinn. Zwar liefert Küntzel eine Fülle von Informationen und erteilt (farblich hervorgehoben) Ratschläge, im Kern geht sie aber der Frage nach, wie Kinder in ­einer natürlichen Umgebung selbstbestimmt musikalische Kompetenzen erwerben und mit Musik umgehen. Dazu gibt sie viele Beispiele und regt immer wieder an, selbst über eigene musikalische Erfahrungen nachzudenken.
Das Buch gliedert sich in acht Kapitel: Zunächst beschäftigt sich Küntzel mit der kindlichen Lust am Klanglichen, dem Bestreben, sich mit unterschiedlichen Klängen und Klangmöglichkeiten auszudrücken. Dieses Phänomen erklärt sie mittels eines Exkurses zu verschiedenen Spielformen und Flow-Situationen, um sich darauf aufbauend mit dem Singen zu beschäftigen. Im zweiten Kapitel widmet sie sich dem großen Thema „Musik und Bewegung“. Tänze aus Musikvideos, nachgespielte Bandauftritte und Luftgitarre dienen ebenso wie kindliche Klatschspiele, Reime und Kinderlieder der Auseinandersetzung mit der Erwachsenenwelt.
Im dritten Kapitel thematisiert sie Formen des Musikhörens. Küntzel versteht Musikhören als einen aktiven Prozess. Schon Kinder wählen bewusst ihre Musik aus, beschaffen sich Hintergrundinformationen und entwickeln eine erstaunliche Sensibilität für Musik. Im vierten Kapitel geht Küntzel auf musikalische Sozialisationsprozesse und damit einhergehende Vorlieben, Umgangsformen und Formen kindlichen Musiklernens ein. Darauf aufbauend apostrophiert sie in Kapitel fünf, dass Kinder Musik „analog“, das heißt erlebnis- und erfahrungsbezogen, lernen und hören würden. Es sei daher ratsam, Musik über Pat­ternübungen, vereinfachte Griffnotationen und verschiedene Visualisierungsformen bzw. über Imitationslernen zu vermitteln. In den drei letzten Kapiteln beschäftigt sich Küntzel mit Schülerwünschen im Musikunterricht, Möglichkeiten eines von SchülerInnen mitbestimmten Un­terrichts und möglichen Inhalten, Methoden und Zielen im Musikunterricht an Grundschulen.
Nach der Lektüre des Buchs blieb für mich unklar, an wen sich das Buch eigentlich richtet. Vom Titel her hatte ich vermutet, es handle sich um einen Ratgeber für Eltern. Tatsächlich bieten insbesondere die ersten Kapitel viele grundlegende Informationen und Ratschläge, die sich offensichtlich ausdrücklich an diese Zielgruppe richten. Merkwürdig ist jedoch, dass sich die in den letzten drei Kapiteln behandelten unterrichtspraktischen Fragen eher an (angehende) Musiklehrkräfte richten. Sofern man sich daran nicht stört, ist das Buch als Einführung für Laien in musikpädagogische Fragen sicherlich gut geeignet. Für angehende Musiklehrkräfte halte ich die ersten Kapitel inhaltlich für deutlich zu oberflächlich.
Martin Losert