Losert, Martin

Von Silben und Zeichen

Relative Solmisation im Instrumentalunterricht

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 3/2011 , Seite 28

In diesem Beitrag wird die Funk­tionsweise relativer Solmisation kurz erläutert und darauf aufbauend die für die Anwendung im Instrumental­unterricht ­entscheidende Problema­tik der Lehrsystematik angesprochen. Im Anschluss daran geht der Autor auf einige Silbensysteme sowie die Handzeichen ein.

In der Solmisation wird zwischen absoluten und relativen Solmisationsformen unterschieden. Absolute Solmisation ist in vielen romanischen Ländern verbreitet. Anstatt der in Deutschland gebräuchlichen Tonbuchstaben werden die Guidonischen Tonsilben zur Bezeichnung der absoluten Tonhöhe verwendet. In Frankreich sind die Silben ut/do re mi fa sol la si gebräuchlich. Für die Vorzeichen finden sich die Bezeichnungen dièse, bémol und bécarre.
Relative Solmisation unterscheidet sich von dieser Form grundsätzlich. Auch hier werden sieben Silben – in vielen Methoden ebenfalls die Guidonischen Solmisationssilben do re mi fa so la ti – sowie zusätzliche Zeichen für Alterationen und Modulationen verwendet. Die Silben bezeichnen aber weniger einen bestimmten Ton als vielmehr eine Stufe innerhalb einer Intervallstruktur eines Tonsys­tems. Den einzelnen Tönen wird üblicherweise eine spezifische Qualität bzw. Funktion zugeschrieben.
Schon Agnes Hundoegger deutet in ihrem Leitfaden der Tonika-Do-Methode für den Schulgebrauch von 1897 do als Grundton, der zusammen mit den Dreiklangstönen mi und so die Tonika bilde. Entsprechend wird so dominantisch und fa subdominantisch verstanden.
Die Vermittlung eines hörenden Verständnisses für einzelne Stufen bzw. Silben erfordert eine konsequente Lehrsystematik. Die SchülerInnen müssen einzelne Tonstufen in ihrer Stellung im Tonsystem schrittweise kennen lernen, ihre besondere Klangqualität bzw. bestehende funktionale Zusammenhänge allmählich verinnerlichen. Die Reihenfolge, in der die Töne dabei eingeführt werden, ist im Grunde unerheblich. Entscheidender ist hingegen, dass neue Töne innerhalb eines sinnvollen musikalischen Kontextes gelernt und geübt werden, also entsprechende Lieder und Stücke vorhanden sind. Genau dies schränkt aber mögliche Lehrwege erheblich ein und hat in der Vergangenheit zur Ausbildung zweier Lehrsystematiken geführt, von denen ich die etwas gängigere in ihrer in der Tonika-Do-Methode verwendeten Form kurz umreißen möchte.

Lehrsystematik

Bevor mit relativer Solmisation gearbeitet werden kann, müssen grundlegende musikalische Kompetenzen angelegt worden sein. So sollten SchülerInnen bereits über ein Grundpulsempfinden und ein Verständnis für hoch und tief verfügen, einfache Melodien nach dem Gehör singen und Musik nach ihrem Charakter beurteilen können. An diesem Punkt setzt relative Solmisation ein (etwa im Alter von fünf bis sechs Jahren). Bisher diffuse Wahrnehmungen von hoch und tief werden kanalisiert.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2011.