Nakamura, Yoko

Regenbogen-Cellotrios

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Musikverlag Hauke Hack, Dortmund 2010
erschienen in: üben & musizieren 3/2011 , Seite 59

Im Jahr 2004 gründete der Dortmunder Cellist und Pädagoge Hauke Hack seinen eigenen Musikverlag, dessen Schwerpunkt seither auf Celloensemblemusik liegt. Das Verlagsprogramm erweist sich als Fundgrube für originelle Bearbeitungen älterer Werke ebenso wie für Neukomponiertes, wobei sich manche Titel gezielt an junge Cellistinnen und Cellisten richten. Neben Autoren wie Frank Zabel und Bernhard Hölscher, die schon mehrere Werke vorgelegt haben, präsentiert sich mit den Regenbogen-Cellotrios nun erstmals die japanische Komponistin Yôko Nakamura. Über ihren bisherigen Werdegang erfahren wir, dass sie Enkelschülerin französischer Meister wie André Jolivet und Henri Dutilleux ist und eine Reihe von Cellowerken verfasst hat, darunter drei (von geplanten sechs) Solosuiten.
Melodik und Harmonik der sieben kurzen Regenbogen-Cellotrios bewegen sich in den Bahnen traditioneller Tonalität, und auch in spieltechnischer Hinsicht werden keine Anleihen an das Vokabular neuerer oder gar Neuer Musik gemacht. Dies sei durchaus nicht als Pauschalkritik verstanden, denn fraglos gehört es zu den wichtigen Eigenschaften guter Musik für Schüler, dass sie die jungen SpielerInnen nicht mit Lernstoff überfrachtet. Andererseits sind die hier gestellten Anforderungen an das Lagenspiel so gering nicht: Das erste Cello wird häufig bis in die 5. und 6. Lage und einmalig bis zum d” geführt. Für den Part des zweiten Cellos ist die Beherrschung des kompletten unteren Lagenbereichs ebenfalls unverzichtbar, und nur das dritte Cello verbleibt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im Bereich der 1. Lage. Ein paar Jahre Unterricht sollten die Kids also auf dem Buckel haben, bevor sie die Regenbogen-Cellotrios spielen können, zumal ihnen insbesondere die Stücke Nr. 5 und 6 („Siciliano“, „Sarabande vom Froschkönig“) in punkto Zusammenspiel einiges abverlangen.
Gemessen daran aber scheinen Zuschnitt und musikalische Faktur mancher Stücke nicht attraktiv genug für Vertreter jener Altersgruppe, die das geforderte technisch-musikalische Level erreicht hat: In manchen Passagen herrscht gepflegte Langeweile, und überdies lassen sich erfahrungsgemäß fortgeschrittenere Spieler nicht mehr ohne Weiteres mit Titeln wie „Marsch der drei Bärenjungen“ oder „Marienkäfer-Menuett“ hinter dem Ofen hervorlocken.
Da erweisen sich konkurrierende Cellotrio-Veröffentlichungen wie Ivan Shekovs Abenteuerreise oder der erste Band von Elias Davidssons „Basler Reihe“ als pfiffiger: Die technischen Anforderungen liegen hier niedriger, die Assoziationswelten hingegen weisen deutlich über den Märchenwald hinaus. Gewiss verraten die erwähnten Stücke Nr. 5 und 6 ein höheres Maß an kompositorischem Raffinement, doch um so befremdlicher muten hier kindliche „Verständnishilfen“ wie „Der Froschkönig springt ins Wasser“ an. Eine Schieflage, die den Wert der durchaus gediegen gemachten Stücke insgesamt schmälert.
Gerhard Anders