Schumacher, Martin / Alois Bröder

Fische haben nie kein Knie

Erstes Musizieren auf der Gitarre in Gruppen oder Klassen, mit Texten von Joachim Ringelnatz, Band 1 und 2

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Heinrichshofen, Wilhelmshaven 2009
erschienen in: üben & musizieren 3/2011 , Seite 60

Fische haben nie kein Knie ist für Gruppen- oder Klassenunterricht ab dem fünften Schuljahr konzipiert. Gegliedert sind beide Bände in je fünf Teile, an den schwergewichtigen Hauptteil mit Spielstücken schließen sich Kapitel zu Akkorden, Rhythmus, Improvisation und Hören an, wobei alles ineinander verzahnt gedacht ist und die insgesamt 160 Seiten nicht chronologisch durchgearbeitet werden wollen. An den Enden beider Bände finden sich zusammengefasst zum Nachschlagen die wichtigsten Daten zu Dynamik, Artikulation, Komponisten und eine Griffbrettübersicht sowie Tabellen, in denen die Hausaufgaben eingetragen werden können.
Gruppen- oder Klassenmusizieren heißt für die Autoren, von der ersten Stunde an zwei-, drei- und vierstimmig zu musizieren. Gestartet wird mit den sechs Leersaiten, sofort kommen die Notenwerte von der Viertel bis zur Ganzen hinzu, Pausenwerte, Akkorde auf den Leersaiten sowie erste Dynamik werden bereits auf den ersten Seiten eingeführt. Auch Kreuze und B’s sind gleich dabei, dadurch wird auch der vierte Greiffinger schnell miteinbezogen. Dynamik sowie erste Artikulation ist immer dabei. Auch Übungen zur Notation gibt es, sodass die jungen GitarrenschülerInnen immer über den Tellerrand des bloßen Spielens hinausschauen.
Das Liedmaterial, das Bröder und Schumacher für ihr Lehrwerk komponiert und eingerichtet haben, ist ausgezeichnet. Deutliche Anklänge an zeitgenössische Musik sind überall zu finden, aber auch Organum, Renaissance-Musik und vieles mehr abseits des pädagogischen Mainstreams.
Die Texte von Joachim Ringelnatz sind herrlich: „Lieber Gott mit Christussohn, schenk mir doch ein Grammophon. Bin ein ungezognes Kind, weil die Eltern Säufer sind. Schimpf nicht, weil ich gähne, schenk der Oma Zähne.“
Die Stärken dieser Sammlung liegen also unschwer bei der Literaturauswahl, den Arrangements und Kompositionen, dem Erwecken der Experimentierlust (zum Beispiel im Improvisationsteil!), beim Prinzip der durchgängigen Mehrstimmigkeit, dem behutsamen Einführen von neuen Tönen und den Texten.
Kleinere Schwächen lassen sich allerdings auch finden. Unklar ist etwa, warum das fis’ auf Seite 13 vorgestellt wird, aber erstmals auf Seite 17 Anwendung findet. Der Wechselschlag p-i kommt erst auf Seite 40 des zweiten Bandes, während der kompliziertere Arpeggioanschlag p-i-m-a bereits zu Beginn des zweiten Bandes eingeführt wird. So ergeben sich Fragen, die aber jede erfahrene Gitarrenlehrkraft unter Einbeziehung entsprechender Literatur oder durch Umstellen der Reihenfolge beantworten wird. Und vielleicht wären ein paar weitere Bilder, gerne aus Ringelnatz’ Feder, schön und würden zur Auflockerung beitragen.
Eine sehr gute, drucktechnisch vorbildliche, pädagogisch und musikalisch professionell gemachte Neuerscheinung.
Uwe Sandvoß