Albrecht, Stefan

Von Sportlern lernen

Differenzielles Lernen – Impulse für die Musikpädagogik

Rubrik: Aufsatz
erschienen in: üben & musizieren 5/2009 , Seite 51

Sportwissenschaftliche Forschungs­ergebnisse zum Bewegungslernen relativieren das auch in der Musik übliche Erlernen idealtypischer Bewegungsmodelle.

Das differenzielle Lernen1 verstärkt durch extrem variierende Aufgabenstellungen die natürlich vorhandenen Bewegungsvarianten im Übeprozess – mit der Folge signifikant stabilerer und in ihren Resultaten optimierter Bewegungsergebnisse (Treffsicherheit, Weite, Schnelligkeit etc.). Auch die Leistungssteigerung durch Reminiszenzeffekte nach Übepausen wird bei differenziellem Lernen im Vergleich zu klassisch trainierenden Gruppen deutlich erhöht. (Die Leistungen klassisch trainierter Vergleichsgruppen bleiben nach Trainingspausen unverändert).

Lösungsorientiertes Üben am Beispiel von Flötisten

Interessanterweise sind es ausgerechnet einige der berühmtesten Flötisten (z. B. Marcel Moyse oder Jean-Pierre Rampal), die mit ihrer Schiefhaltung des Instruments die Gültigkeit der in allen Flötenschulen als Ideal vertretenen Parallelhaltung in Frage stellen. Dies als prominente Bestätigung zweier grundlegender Erkenntnisse der Bewegungslehre: Bewegungen (und Haltungsdispositionen) sind immer individuell und situativ verschieden. Es gibt demzufolge niemals wirklich identische Wiederholungen. Betrachtet man das klassische Einschleifen solcher Idealmodelle vor diesem Hintergrund, so werden im Flötenunterricht zahlreiche Lernmöglichkeiten verschenkt, indem man unerwünschte Klangergebnisse mit ihren zugehörigen Spielbewegungen als falsch aussortiert.

1 vgl. Wolfgang I. Schöllhorn: Differenzielles Lehren und Lernen von Bewegung. Durch veränderte Annahmen zu neuen Konsequenzen, Hamburg 2005.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2009.