In jedem steckt ein Musiker

Die Ratgeber-Literatur blüht – erst recht, wenn sie sich auf neue Ergebnisse aus der Hirn- und Lernforschung berufen kann. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, solange auf diese Weise eine neue Sicht vermittelt, aktuelle Informationen verständlich aufbereitet und anregende Impulse gegeben werden. Beckers Ratgeber behandelt einen weiten Fragenkreis, ist bunt und flott aufgemacht und vermittelt in einem recht persönlich gehaltenen, leicht lesbaren Stil vielfältige Informationen.
Mit vielen Bildern und Zeichnungen auf Hochglanzpapier orientiert sich das Erscheinungsbild am Stil von Magazinen, die nicht so sehr auf lineares Lesen als vielmehr auf simultanes Aufnehmen unterschiedlicher Mitteilungsformen in Texten und Bildern, Diagrammen und Randnotizen, Zwischenüberschriften und farbigen Merktafeln vertrauen. Jedes Kapitel erhält dabei seine eigene Farbe, die in den Überschriften und Farbrastern der Tafeln wiederkehrt und vermutlich die Orientierung erleichtern soll.
Zielgruppe sind Eltern und interessierte Laien, denen Mut gemacht werden soll, alte Denkgewohnheiten (Vorurteile) aufzugeben und neue Sichtweisen zu entdecken. Der Strauß der behandelten Themen umfasst Fragen zur Musikalität, zu Nutzen und vergebenen Chancen der Früherziehung, pädagogischen Prinzipien eigenständigen Lernens (Montessori), zur Schulung der Sinne (Tomatis und andere), gehirngerechtem Lernen, Motivation, Gedächtnis, Wissen und Können und endet mit der Erörterung einiger Aspekte der Musikausbildung (Üben – Transfereffekte – Instrumentalunterricht im Alter).
Das Buch erhebt nicht den Anspruch streng wissenschaftlicher Darstellung; daher soll der Wert der einzelnen Kapitel auch nicht an wissenschaftlicher Korrektheit gemessen werden (einzelne Aspekte wie z. B. die vereinfachte Darstellung der Hemisphären-Dominanz, die „Music makes you smarter“-Problematik oder die kritische Haltung zum Üben böten Stoff zu weiterer Diskussion). Unverkennbar spricht aus dem Buch aber ein inspirierender, engagierter Musiker, der anregen und Mut zum Beschreiten neuer Wege machen möchte. Hier gibt das Buch viel Anlass zum Nach- und Weiterdenken.
Wilfried Gruhn