Rath, Siegfried

Albumblätter

Bilder der Vergangenheit für Blockflötenensemble, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: de haske, Heerenveen 2008
erschienen in: üben & musizieren 4/2009 , Seite 60

„Bilder der Vergangenheit“ – so steht es über dieser Sammlung von zehn Stücken für Blockflötenensemble aus der Feder des 1920 geborenen Siegfried Rath. Die meisten der Titel wird man heutigen Blockflötenzöglingen denn auch erklären müssen: „Entrée“, „Die Schaukel“ oder „Abschied“ deuten sich zwar wohl noch von selbst, aber mit „Im Camminer Dom“, „Vineta“, „Ruine Hoff“ oder „Königsstuhl“ dürften Kinder und Jugendliche auf Anhieb wenig anfangen können; und selbst manche Lehrkraft wird vielleicht erst einmal nachschlagen müssen, um ein wenig Hintergrundinformation bieten zu können. Doch könnte man es als Vorteil betrachten, wenn hier neben dem Blockflötenspiel auch noch ein wenig deutsche Kulturgeschichte vermittelt würde!
Bei der Sammlung handelt es sich um Originalkompositionen für Blockflöten, was sich beispielsweise in dem gerade im tieferen Bereich niemals zu engen Satz, der klaren Stimmführung und der weitgehenden, aber kaum einmal ins Extreme reichenden Ausnutzung des Ambitus von Sopran-, Alt-, Tenor- und Bassblockflöte positiv bemerkbar macht. Alle Stücke wurden übrigens eindeutig für Ensemble geschrieben – nicht für Quartett –, da immer wieder Stimmteilungen oder kleine Soli eingestreut sind.
Harmonisch bewegt sich alles im tonalen, romantischen Bereich – mit leichten spätromantisch-dissonanten Anklängen; formal kann man zwischen sehr ruhigen, choraliter gehaltenen und mäßig bis sehr bewegten Nummern wählen und findet in der Sammlung etwa auch einen netten Satz rund um das schöne Lied Maikäfer flieg (Rath ist in Pommern geboren). Praxisnah ist, dass man zwischen unterschiedlichen Längen an Stücken wählen kann, wobei die Spanne allerdings nur von etwa einer halben Minute bis knapp vier Minuten reicht. Ohnehin empfiehlt sich bei einer Aufführung die Präsentation mehrerer, am besten gegensätzlicher Titel.
Mit Vorzeichen geht Rath vergleichsweise sparsam um, hat man doch maximal zwei Kreuze oder b zu erwarten. Blieben die Stücke dahingehend auch für AnfängerInnen spielbar, stehen dem doch in einigen Nummern nicht unerhebliche Anforderungen hinsichtlich der Virtuosität entgegen. Auch rhythmisch gibt es immer wieder einige Klippen zu bewältigen wie häufige Taktwechsel in einzelnen Nummern, Triolen, Zwei-gegen-drei-Passagen oder ungewöhnliche Aufteilungen etwa eines 4/4-Takts.
Gerade hinsichtlich dieser rhythmischen Finessen, aber auch der vielfältigen Tempo- und Taktwechsel, der Ritardandi und Accellerandi oder der sich überschneidenden Phrasierungsbögen können die Stücke dieser Sammlung als hervorragendes Übungsmaterial für das Ensemblespiel betrachtet werden – zumal, wenn man sie ohne taktschlagenden Lehrer oder Dirigenten spielen lässt. Damit wäre man allerdings schon in der hohen Schule des Ensemblespiels angelangt!
Andrea Braun