Mazurowicz, Ulrich

Gegenstände des Musiklernens und Methoden des Musiklehrens

Ein Leitfaden für das Studium der Musikpädagogik und zur Prüfungsvorbereitung

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Burkhard Muth, Fernwald 2005
erschienen in: üben & musizieren 4/2007 , Seite 55

In seinem Buch macht sich Ulrich Mazurowicz grundsätzliche Gedanken zu Inhalt, Zielen, Umfang und Methoden des Musikunterrichts an allgemein bildenden Schulen. Dabei orientiert er sich stark an Sigrid Abel-Struths Grundriss der Musikpädagogik. Mazurowiczs Buch basiert auf Aufzeichnungen für Seminare an der Universität Frankfurt, die zwischen 1985 und 1994 in Das Musikinstrument erschienen sind. Mit Ergänzungen und aktualisierten Literaturangaben hat er sie nun zusammengefasst, da sie seiner Meinung nach „unentbehrlich für Studium und Examensvorbereitung“ seien.
Im ersten Teil werden die Unterrichtsgegenstände (nach Abel-Struth) behandelt: Singen, Instrumentalspiel, Musiktheorie, Hören im Musikunterricht, Improvisation und Einübung ins Musikleben. Zu jedem der sechs Gegenstände gibt Mazurowicz einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung, die Ziele und Methoden. Dabei erscheinen ihm zwei Ansätze für die Didaktik des Musikunterrichts gleich wichtig: der bildungspolitische Ansatz („was soll vermittelt werden?“) sowie der lerntheoretische Ansatz („wie soll vermittelt werden?“).
Im zweiten Teil werden Methodenkonzepte dargestellt. Nach einem historischen Abriss von den Anfängen bis in die 1960er Jahre kommt er zu den neueren Konzepten: Die Themen Klassenmusizieren, Keyboard und Populäre Musik im Unterricht sowie das Komponistenporträt werden in eigenen Kapiteln behandelt.
Im letzten Kapitel – „Der pädagogische Umgang mit Musik: Fundamentum und Additum“ – soll der Lehrstoff des Musikunterrichts als mehrdimensionales und vernetztes Phänomen beschrieben werden: Wie viel Platz nimmt musikalische Bildung in der Allgemeinbildung ein? Gehört sie zur Grundbildung oder ist es Spezialwissen? Neben der Vorstellung diverser Unterrichts- und Lehrplanreformen spricht er das Problem der Stoffauswahl und der Anzahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden an.
Mazurowicz plädiert für „Erwerb und Entwickeln bzw. Fördern von Höraufmerksamkeit, isochrone Synchronisation, melodisches, harmonisches und rhythmisches Vorstellungsvermögen und feinmotorische Fähigkeiten und Fertigkeiten“ als musikalisches Fundament und fordert „Informationen zu vernetzen“ und „etwas Begonnenes vollständig abzuschließen“.
Der Autor trägt fleißig verschiedene Bausteine zusammen, die einen „Leitfaden für das Studium der Musikpädagogik“ bilden sollen, entwickelt jedoch keine wirklich neuen Anregungen für den Musikunterricht. So vermisse ich z. B. Bewegung und Tanz als wesentlichen Baustein des Musiklehrplans. Mazurowicz sieht den Musikunterricht mit einer Theorie verknüpft, die sich nur über den Intellekt bewusst machen lasse. Deswegen dürfe Musikunterricht nicht auf ein „Lernen mit allen Sinnen“ begrenzt werden, was jedoch meiner Meinung nach auch im Schulunterricht die Basis sein muss.
Der Autor befürwortet die Einbeziehung neuer Technologien in den Musikunterricht, was für bestimmte Unterrichtsinhalte wie etwa Akustik, Harmonielehre etc. bereichernd sein kann, jedoch kein Allheilmittel für die Vermittlung von Grunderfahrungen. Er plädiert für den Einsatz des Keyboards als Musikinstrument im Unterricht und findet dafür eine Reihe von guten Begründungen. Neben dem positiven Aspekt des Gruppenmusizierens und der wahrscheinlich hohen Akzeptanz bei den SchülerInnen bleibt aber womöglich die Vielfalt auf der Strecke. Den Einsatz der freien improvisatorischen Praxis sieht er sehr zwiespältig: Einerseits billigt er ihr durchaus allgemein pädagogische Ziele wie „Eigentätigkeit, Erlebnis, Kreativität“ zu, andererseits befürchtet er, dass sie zur „Pseudo-Erfindungsübung“ und zu „harmlosen Klangbasteleien“ degradiert wird, wenn dafür die musikalischen Voraussetzungen fehlen.
Musikunterricht ist das Ergebnis der Wechselbeziehungen zwischen Musik-Lernen und Musik-Lehren. Die Musikpädagogik sollte nicht nur Erkenntnisse und Einsichten im pädagogischen Umgang mit Musik gewinnen, sondern auch Hilfen und Handlungsanleitungen für den Unterricht geben. Wünschenswert wäre eine über alle Institutionen (Kindergärten, Musikschulen, Schulen, Hochschulen) hinweg koordinierte und vernetzte Musikausbildung für Kinder mit der Möglichkeit zur Kooperation und sinnvollen Verteilung des Lehrstoffs sowie die Anerkennung und Integration von Musik als allgemein bildend und fördernd auf vielen Gebieten unseres Lebens.
Erika Mzyk