Schöpf, Esther / Norbert Groh / Thomas Beckenbauer

Stringendo Violine

Freude am lebendigen Musizieren, Textbuch, CD und Notenheft mit Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Stringendo, Pöcking 2005
erschienen in: üben & musizieren 4/2007 , Seite 62

„Musik machen ist nicht das ‚Buchstabieren von Noten‘, sondern das Erzählen und Gestalten einer Geschichte. Und auf Deinem Weg liegen viele solcher ‚Geschichten‘: lustige und auch traurige.“ Mit diesen einleitenden Sätzen geben die AutorInnen von Stringendo einen Weg vor, auf dem in vielfältiger Weise entdeckt werden kann, welche emotionalen Räume Musik öffnet. Tatsächlich bietet Stringendo eine Fülle von musikalischen Ausdrucksangeboten und Charakteren in kleinen Stücken von Gretchaninoff, Elgar oder Händel ebenso wie in den Schülerkonzerten von Küchler, Rieding oder Accolay, schließlich auch in Beispielen irischer Folklore oder des Jazz.
Stringendo ist kein reines Notenheft, sondern will Wege in die Stücke bahnen, stellt dafür bei kleineren Stücken zwar das Notenmaterial zur Verfügung, die umfangreicheren Stücke wie die Rieding- oder Küchler-Konzerte muss man sich jedoch im Fachhandel besorgen. Besonders verdienstvoll ist, dass alle Stücke auf der beiliegenden CD vorbildlich eingespielt sind: Diese Aufnahmen verstehen sich nicht als Mitspielangebot, sondern als Verlockung zum Hören (und das lohnt sich!). Allenfalls könnte man sich wünschen, dass etwa die folkloristischen Stücke ohne Klavierbegleitung aufgenommen worden wären; zumal bei irischer Musik käme deren Charakter in einer rein violinistischen Ausführung wohl besser zu Geltung.
Der didaktische Ansatz von Stringendo umfasst die Darbietung von prägnanten und bündigen Informationen zu Stück, Komponist oder Stil, eine durchgehende Serie von zielführenden Übetipps, quasi ein kurzes Kompendium der Übetechnik, sowie Anregungen für die Gestaltung des jeweiligen Stücks und Hinweise für die Bewältigung schwerer Passagen. Gegen diese Hinweise ist nichts einzuwenden, allenfalls fragt man sich hin und wieder, was denn eigentlich wohl dem Lehrer oder der Lehrerin des betreffenden Geigenschülers zur gerade in Arbeit befindlichen Pièce einfallen würde: Es ist sehr zu hoffen, dass ein junger Geiger diese Anregungen nicht erst im Stringendo-Heft bekommt!
Insbesondere können die Gestaltungshinweise nicht lebendigen Unterricht ersetzen, weil Aufforderungen wie „Denk Dir doch dazu eine Geschichte aus“ oder „Male ein Bild zu dieser Musik“ in der Schriftform doch sehr allgemein bleiben. Auch die angegebenen Phrasierungsbögen geben nur die grobe Richtung an: In welcher agogischen, dynamischen oder artikulatorischen Weise die Kurve der einzelnen Phrase konkret herausgearbeitet wird, das ist kaum notierbar.
Das schmälert aber nicht den Ansatz von Stringendo, der auf die „Freude am lebendigen Musizieren“ abzielt: Primat des musikalischen Ausdrucks, Literaturvielfalt und Fülle der Musizierformen, rationale Übetechnik und Verführung zum lustvollen Hören: So sollte Geigenunterricht sein!
Peter Röbke