Dünki, Jean-Jacques

Schönbergs Zeichen

Wege zur Interpretation seiner Klaviermusik, mit CD

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Lafite, Wien 2006
erschienen in: üben & musizieren 3/2007 , Seite 58

„Dieses Buch ist aus der Praxis für die Praxis entstanden“, schreibt Jean-Jacques Dünki in der Einleitung zu seinem Schönberg-Buch. Der 1948 in Aarau geborene Pianist, Komponist und Autor genoss eine umfassende Ausbildung, die nicht nur Klavier und Musikwissenschaft beinhaltete, sondern u. a. auch englische und altgriechische Literatur. In seinem Klavier-Repertoire bildet die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Schwerpunkt. Der Gewinner des Arnold Schönberg-Wettbewerbs Rotterdam 1981 leitet seit 1984 eine Klavierklasse an der Musik-Akademie (Musikhochschule) der Stadt Basel.
Im vorliegenden Band stellt Dünki hauptsächlich Schönbergs Werke für Klavier solo vor, geht aber auch auf dessen Klavierkonzert und einige Werke in anderen Besetzungen ein. Er schöpft nicht nur aus jahrzehntelanger Erfahrung im Umgang mit seinem Thema, sondern zieht Notentexte und andere authentische Quellen heran, zitiert und befragt zudem Zeitzeugen. Dabei geht es ihm weniger um Kompositionsanalyse als vielmehr um die Vermittlung von Möglichkeiten zur Interpretation. Die Anregungen und Hilfen, die Dünki seinen LeserInnen gibt, könnten auch unter dem Titel „Nachdenken über Musik“ zusammengefasst werden, den Alfred Brendel seinem berühmt gewordenen Buch gab.
Unter den Überschriften „Schlüsselbegriffe“, „Themenkreise – Gedanken, Fragen“, „Elemente des Vortrags“, „Handwerk des Pianisten“ fasst der Autor seine vielseitigen Betrachtungen zusammen. Besonders interessant ist z. B. auch, was er im Kapitel „Schönbergs musikalische Vorfahren“ über Bach, Mozart und Mahler schreibt.
Dünki hat dem Buch eine CD beigefügt, für die er Schönbergs mit Opuszahlen bezeichnete Musik für Klavier solo einspielte, sowie – als Rarität – die kurze Kadenz aus dem Klavierkonzert op. 42. Die Aufnahmen entstanden 2005 im Schönberg-Haus in Mödling auf Schönbergs kleinem Ibach-Flügel, der 1912 in Berlin gebaut wurde. „Trotz eines wunderbar engagierten Klaviertechnikers blieben einige Unebenheiten der Mechanik und Pedalgeräusche bestehen. Der Ibach-Flügel von 1912 ist weniger scharf in der Artikulation, verlangt deswegen einen behutsameren Anschlag und langsamere Tempi als ein moderner Flügel“, schreibt der Pianist dazu. Doch ist dies überhaupt kein Nachteil: Dünki spielt Schönbergs Musik auf dem alten Instrument so liebevoll und mit so hochdifferenziertem Ausdruck, dass der Komponist als der Espressivo-Musiker präsentiert wird, als der er sich selbst sah. Schönberg auf diese Weise gespielt steht Schubert nahe.
Das Buch ist eine wunderbare Einführung in Schönbergs Werk und in die Kultur seiner Zeit. Es bietet zudem eine Qualität, die kein Musiker und Musikfreund übersehen sollte.
Peter Roggenkamp