Bach, Johann Sebastian / David Philip Hefti

Ricercare a 6

Für sechs beliebige Instrumente

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Edition Kunzelmann, Adliswil 2006
erschienen in: üben & musizieren 2/2007 , Seite 66

Die Werke keines anderen Komponisten scheinen so sehr zur Bearbeitung geeignet wie die Johann Sebastian Bachs. Bach ist sicher der „meistbearbeitete“ der großen Komponisten – und in jedem Fall der, dessen Musik durch Bearbeitungen am wenigsten Schaden genommen hat. Im Gegenteil: In vielen bachschen Stücken steckt ein ungeheures Potenzial, das erst durch die wiederholte Reflexion, verschiedene Instrumentalisierungen und unterschiedliche Klanggewänder gehoben werden kann.
Das Musikalische Opfer mag diese Sicht stützen, denn Bach hat hier in Bezug auf die Besetzung das meiste offen gelassen. Die beiden Fugen, die Triosonate und die zehn Kanons, die der Leipziger Thomaskantor auf der Grundlage eines Themas des preußischen Königs Friedrich II. ausgearbeitet hat, haben schon immer Bearbeiter angezogen. Lässt man einmal die Triosonate außen vor, so bieten die Kanons und Fugen mit ihren sich völlig selbstständig bewegenden und eben doch stets aufeinander bezogenen Stimmen die Möglichkeit, durch verschiedene Klangfarben quasi eine weitere musikalische Ebene zu eröffnen.
Der Schweizer Komponist David Philip Hefti macht mit seiner Transkription des Ricercare a 6 aus dem Musikalischen Opfer zahlreiche Vorschläge zur Besetzung, die sich vor allem an einer Einheitlichkeit der Klangerzeugung orientieren. Die sechs Stimmen der rund siebenminütigen Komposition sieht er mal mit einem klassischen Streichsextett, mal mit Blech- oder Holzbläsern besetzt. Für alle diese Kombinationen liegen der Notenausgabe der Edition Kunzelmann die entsprechenden Stimmen bei. So gibt es die Stimmen sowohl in verschiedenen Transpositionen (C, Es, F und B) als auch in verschiedenen Schlüsseln (alle Stimmen im Violinschlüssel, die beiden mittleren zusätzlich im Bratschenschlüssel und die beiden unteren zusätzlich im Bass-schlüssel).
Diese Vielfalt dürfte den Ausführenden in der Praxis kaum Beschränkungen auferlegen. Vielleicht dient die große Variabilität ja sogar dazu, die von Hefti angedachten Kombinationen zu erweitern – und beispielsweise drei Streichern drei Bläser gegenüberzustellen. Denkbar ist sogar die Einbeziehung von Tasteninstrumenten, deren SpielerInnen sich dann der Partitur bedienen könnten. Und als ultimative Herausforderung könnte vielleicht die Besetzung der sechstimmigen Fuge mit sechs völlig unterschiedlichen Instrumenten gelten.
Möglich macht das ein unendlich scheinender bachscher Musik-kosmos, aus dem sich David Philip Hefti einen besonderen Fixstern herausgegriffen hat, der es verdient, immer wieder aus verschiedenen Winkeln betrachtet zu werden und viel häufiger im Konzertsaal zu erklingen.
Daniel Knödler