Schönberg, Arnold / Peter Schössow

Die Prinzessin

Mit einem Nachwort von Nuria Schoenberg Nono, hg. und mit einer Einführung in Leben und Werk des Komponisten versehen von Matthias Henke

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Carl Hanser, München 2006
erschienen in: üben & musizieren 1/2007 , Seite 59

Arnold Schönberg als Geschichtenerzähler? Über seine Doppelbegabung als Musiker und Maler ist viel berichtet worden, seine Leidenschaft für das Tennisspiel ist auch bekannt. Das Bilderbuch bringt nun eine weitere Seite zutage. „Der arme, arme Arnold ist gar so übel dran, er sitzt allein am Tische, und niemand will ihn hab’n, und niemand will ihn hab’n…“ Dieser Singsang ist das Stichwort: Die Kinder laufen zu Tisch und während der Mahlzeiten erzählt Schönberg Geschichten – vor allem die von der Prinzessin und ihrem trotteligen Diener Wolf.
Das vorliegende Buch basiert auf einer Tonbandaufnahme, die im Arnold Schönberg Center Wien archiviert ist. Das Schönberg-Center bietet auf seiner Homepage die Möglichkeit, sowohl die Aufnahme als auch die im biografischen Teil erwähnten Kompositionen zu hören.
So ein Schussel, dieser Diener Wolf! Da hat sich doch die Prinzessin während eines Tennismatches einige blaue Flecken zugezogen. Nun liegt sie im Bett und leidet. Wolf muss ihr eine Wärmflasche besorgen. Aber soll es die blaue sein oder die braune…? Es dauert eine halbe Ewigkeit. Und ob er es dann wirklich schafft, in der Apotheke ein Mittel gegen blaue Flecken zu kaufen? Vielleicht holt er tatsächlich ein „schwarzes Fleckputzmittel“ vom Drogisten? Das Ende ist offen, denn das Tonband bricht ab. Peter Schössow, der das Buch mit dem ihm eigenen behutsam-unaufdringlichen und doch humorvollen Strich illustriert hat, vollendete die Geschichte. Vollenden? Er lässt die Geschichte wieder vom Anfang an im Kreis laufen und setzt dabei ein geniales typografisches Fade-out ein.
In einem Nachwort berichtet Nuria Schoenberg Nono von ihrem Vater als Geschichtenerzähler: „wie er mit großem Vergnügen und Grimassen schneidend die Helden der Geschichte charakterisierte“. Leider sei ihr Vater zum Zeitpunkt der Aufnahme schon sehr krank gewesen, sodass manche Details verloren gegangen seien. Entsprechend stellt sich die Aufgabe an aktuelle Vorleser, Die Prinzessin eventuell etwas auszuschmücken und die Stimme humoristisch einzusetzen. Denn: Es handelt sich um ein Buch, das zum Vorlesen bestimmt ist.
In kind- und jugendgerechter Sprache verfasste Matthias Henke die reich bebilderte Biografie des Komponisten. Auch die musiktheoretische Seite kommt nicht zu kurz, die musikalischen Etappen auf Schönbergs Lebensweg gewinnen enorme Plastizität.
Allerdings weist das Buch in seiner Anlage eine gewisse Diskrepanz auf: Während man die Geschichte gewiss schon Drei- oder Vierjährigen vorlesen kann, eignet sich die Biografie, schon allein ihrer komplexen Thematik wegen, eher für Kinder bzw. Jugendliche ab 10 Jahren. So wird dieses Buch den Kindern über Jahre seinen Dienst erweisen. Auch MusikpädagogInnen können von ihm als Vorbild dafür profitieren, wie man die auf den ersten Blick eher trocken erscheinende 12-Ton-Domäne auch Kindern auf lebendige Weise begreifbar machen kann.
Barbara Pikullik