Ewert, Hansjörg / Dietmar Griese

Mozart

Das Bilderbuch

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2005
erschienen in: üben & musizieren 3/2006 , Seite 67

Bilderbücher erfreuen sich großer Beliebtheit; vielleicht deshalb, weil sie ihre Geschichten doppelt präsentieren: sprachlich und ikonografisch. Das erhöht den Reiz der Aufmerksamkeit, vor allem dann, wenn Text- und Bildverhältnis ausgewogen sind und den Geschichten, ohne sie zu überdrehen, plastischer Ausdruck gegeben wird.
Zwei Bilderbücher für Kinder zum Thema „Berühmte Komponisten“ sind jüngst erschienen: Sie erzählen von Leben und Zeit Johann Sebastian Bachs und Wolfgang Amadeus Mozarts. Jedes Buch ist in 14 kleine Abschnitte unterteilt, die jeweils eine Doppelseite umfassen und meist ein Bild-Text-Verhältnis von 2:1 aufweisen. Die Lebensläufe von Bach und Mozart werden aus einer Perspektive erzählt, die Kinder interessiert: familiäre Herkunft und Lehrjahre, Reisen und Wettkämpfe, kleine Raufereien und Späße, Tanzaufführungen und Konzerte, Kaiser und Könige, Hofdamen und Thomaner geben ein buntes Kaleidoskop der Lebens- und Zeitgeschichte beider Komponisten.
Bekannte biografische Episoden werden aufgeführt – etwa Bachs Auftritt in Sanssouci oder Mozarts Spiel vor Maria Theresia –, doch auch weniger verbürgte Anekdoten wie jene des angeblich betrügerischen Requiemauftrags an Mozart finden Berücksichtigung. Neben dem Unterhaltungsaspekt kommt der didaktische nicht zu kurz: Der kindliche Leser erfährt im Falle Bachs auch etwas über Orgeln und Kaffee, Kantaten und Improvisation; im Falle Mozarts etwas über Quartette und Opern, Konzerte und Komponieren. Ein Glossar am Ende beider Bücher erklärt einige Fachtermini und Fremdwörter.
Die Texte selbst sind im Hinblick auf die kindliche Leserschaft geschrieben – freilich nicht für Leseanfänger. Das Bemühen um ein Gleichgewicht zwischen dem Erzählen spannender Ereignisse und dem Vermitteln von Informationen über historische Zeitumstände und musikalische Welten ist spürbar. Friedrich der Große und Joseph II. treten ebenso auf wie Händel und der Leipziger Stadtrat. So lässt sich gewiss auch im schulischen Unterricht mit den Texten arbeiten.
Im Mittelpunkt beider Bücher stehen freilich die Bilder von Dietmar Griese. Farbenfroh und großformatig angelegt bersten sie vor praller Erzähllust. Tanzende Höflinge, flanierende Bürger, reitende Kavaliere, musizierende Perückenträger, Wasserpfeifen rauchende Türken, ein Billard spielender Mozart und ein Orgel spielender Bach, stille Kirchgänger und lärmende Thomaner ergeben einen bunten Handlungsreigen. Auch Architektur und Alltagsleben des 17. und 18. Jahrhunderts spiegeln sich in den Bildern wider: ob Innenraum des Salzburger Doms oder Leipziger Thomaskirche, ob Cembalomanual oder Orgelpfeifen, ob Allongeperücke oder Degen – die Bilder „stimmen“. Dass sie, wie auch die Texte, die dunklen Farben dieser Zeit ausklammern und nicht gerade eine Soldateska oder einen schmutzigen Hinterhof sozialkritisch inszenieren, ist einem Kinderbuch zuzugestehen.
Was besonders eindrücklich bleibt, sind die maltechnisch virtuos gestalteten Bilder, die perspektivenreich inszeniert unterhaltsame Abwechslung garantieren. So machen beide Bilderbücher Lust auf das, worauf es ihnen ankommt: auf das Hören der Musik von Bach und Mozart.
Winfried Rösler