Igudesman, Aleksey

In my Garden

for violin and Piano, Band 1

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2017
erschienen in: üben & musizieren 2/2018 , Seite 58

Aleksey Igudesman, 1973 in Leningrad geboren, doch schon als Sechsjähriger mit seinen Eltern in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und an der Yehudi Menuhin School in London sowie am Wiener Konservato­rium ausgebildet, betätigt sich erfolgreich als Komponist, Dirigent, Schauspieler und Filmemacher. Sehr bekannt wurde er freilich vor allem als musikalischer Entertainer, der seine Auftritte in eigenen Musikinszenierungen humorvoll würzt: mit witzig verfremdeter allbekannter Musik, mit eigenen, seltsam-absonderlichen Stücken in unterschiedlichsten Besetzungen, mit witzig eingestreuten Textbeiträgen. Und immer wieder erweisen seine Auftritte, dass er auch ein kompetenter Geiger ist und als Komponist wohl jegliche Art von Musik hervorzubringen weiß.
Die im vorliegenden Band veröffentlichten zehn kleinen Stücke für Violine und Klavier sind für Kinder gedacht, die gerade dem Anfänger-Stadium entwachsen. Der Violin-Part kann ausnahmslos in der 1. Lage gespielt werden, die rhythmische Faktur und dynamische Ausgestaltung sind denkbar einfach gehalten, Chromatik wird fast gänzlich vermieden – ein Stück kommt sogar voll­ständig ohne Vorzeichen aus – und die Form bleibt immer leicht überschaubar. Etwas anspruchsvollere spieltechnische Fragen sind kaum zu lösen, und deshalb wirken die Stücke auch kaum etüdenhaft.
Freilich stellt sich ihr musikalischer Sinn erst mit der Klavierbegleitung ein, die auch nicht allzu anspruchsvoll gehalten ist. Und erst das Zusammenspiel mag dann dem jungen Geiger oder der Geigerin einige knifflige musikalische Prob­leme aufgeben: etwa das unisono-Spiel, eine ganz leicht verschobene Imitatorik, das rhythmisch stabile Spielen, das Festhalten harmonischer Reibungen oder das Bewältigen des elementaren Doppelgriff-Spiels. Doch werden solche Aufgaben unauffällig und unaufdringlich ins Werk gesetzt und ergeben sich erst im Duettieren.
Den Zugang zu diesen Stücken erleichtert Igudesman durch die Gartenfrüchte-Titel (Die Karotte, Der Apfel, Die Zwiebel usw.), die zusammen mit thematisch abgestimmten kurzen Gedichten die musikalische Fantasie und das interpretatorische Geschick der jungen MusikerInnen herausfordern können. Die Gedichte sollten übrigens bei Vortragsabenden durchaus vor dem Spielen vorgelesen werden.
Humorvolle oder witzige musikalische Wirkungen kann Igudesman mit dieser Musik kaum anstreben – das würde auf dem spieltechnischen Niveau dieser Stücke und ihrer Zweckbestimmung auch völlig unangemessen wirken. Vielmehr bemüht er sich, die Freude am kindlichen Musikmachen zu stimulieren und sie gewissermaßen durch die ansprechende Wirkung zu belohnen, die sich mit ihnen erzielen lassen. Der Notendruck ist schlechterdings hervorragend; alle Texte werden dreisprachig (deutsch englisch, französisch) abgedruckt und sind mit hübschen Zeichnungen von Leni Lust versehen.
Giselher Schubert