© Nihad Nino Pusija

Ahrens, Steffen

Face to FACE

Notenlernen im E-Gitarrenunterricht

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 3/2018 , Seite 32

„Gitarre lernen ohne Noten“ – so oder ähnlich steht es als Werbeslogan auf vielen Gitarrenlehrbüchern. Gerade als E-GitarrenlehrerIn steht man vor besonderen Fragen bezüglich des Unterrichts und des damit verbundenen Notenlernens. Die Gründe hierfür sind im Instrument selbst und seiner Musikkultur zu suchen wie auch in der vergleichsweise jungen Geschichte des auto­didaktischen E-Gitarrenspiels.

Viele Gitarrenheroen von Jimi Hendrix bis Slash konnten bzw. können keine Noten lesen und hatten wenig bis gar keinen Unterricht. Die Frage, ob man Notenlesen können muss, um innovativ und herausragend E-Gitarre zu spielen, muss somit wohl mit „Nein“ beantwortet werden. Ebenso wird deutlich, dass der autodidaktische Ansatz ein relevanter Bestandteil der Instrumentalgeschichte ist, der darüber hinaus auch zu den vielfältigsten Spieltechniken geführt hat. So stellt sich als Lehrkraft die Frage, wie man im Unterrichtsalltag mit Notation umgeht: Noten oder Tabulatur? Oder beides?
Die Tabulatur ist aufgrund der sehr leicht und schnell zu verstehenden Notationsart ein unverzichtbarer, gleichberechtigter Wegbegleiter aller GitarristInnen. Sie existiert bereits seit der Renaissance. Meist wird sie schnell und ohne große Komplikationen von SchülerInnen erlernt und soll somit in diesem Beitrag weitestgehend ausgeklammert werden. Die eingangs genannten Gitarristen sind natürlich (prominente) Ausnahmen und gehören nicht zu den SchülerInnen, die uns in der Regel im Unterricht über den Weg laufen. Nicht alle sind so begabt oder ambitioniert, um ihren Weg auf der E-Gitarre autodidaktisch und nur übers Hören und Abschauen zu erlernen. Es gibt daher gute Gründe, die Frage des Notenlesens zu thematisieren, da man als Lehrkraft natürlich allen SchülerInnen jeden Weg offenhalten möchte.
Das Notenlesen ist hierfür ein wichtiger Baustein, um später jede Art von Zusammenspiel mit anderen InstrumentalistInnen und Stilistiken zu ermöglichen. Anderenfalls können sich im Jugendalter spielerische und musikalische Sackgassen ergeben, aus denen man aus verschiedensten Gründen kaum oder nur mit sehr viel Mühe herauskommt. Somit sollte Notenlesen Bestandteil des Unterrichts auch für E-GitarristInnen sein.

E-Gitarrenschulen

Auch bei E-Gitarren-AnfängerInnen könnte man, ähnlich wie bei der Klassischen Gitarre, mit einem Lehrbuch starten, welches Schritt für Schritt Noten und Spieltechnik zum Inhalt hat. Das mag für sechs- bis achtjährige Kinder durchaus adäquat sein (sofern man es begrüßt, Kinder in diesem Alter E-Gitarre beizubringen und nicht zur Klassischen Gitarre rät), spätestens bei Neunjährigen führt dies jedoch oft zu Problemen. Ist bei kleineren Kindern die Lebenswelt noch geprägt vom Wunsch nach Singen von Kinderliedern, tritt dies bei älteren in den Hintergrund zugunsten des Bedürfnisses nach „cooler“ Musik, also das, was man im Radio hört oder auf YouTube sieht. Der Wunsch nach Pop- und Rockkultur kann aber nicht in Gänze von E-Gitarrenlehrbüchern im Anfängerbereich erfüllt werden, denn dort finden sich häufig Kinderlieder, didaktische Stücke oder eher ältere Rock- und Popsongs.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 3/2018.