Galka, Christine

Bratsche spielen

Eine Einführung für Erwachsene, Band 1

Rubrik: Noten
Verlag/Label: C. F. Peters, Leipzig 2017
erschienen in: üben & musizieren 3/2018 , Seite 59

Mancher, der in der Jugend Vio­line gelernt hat, sehnt sich im Alter danach, wieder selbst Musik zu machen. Einige haben dabei den Wunsch, von der Geige zur Bratsche zu wechseln: Ihr sonorer Klang wirkt beruhigender, in ihrem rauchigen Timbre spiegelt sich Lebenserfahrung und bei Kammermusik befindet sich der Violaspieler „inmitten“ des musikalischen Satzes.
Erwachsene, oft SeniorInnen sind seit einigen Jahren eine wichtige Zielgruppe für Musikpädagogen und gleichen ein wenig den Schülerschwund an pubertierenden, aufgrund von WhatsApp- und Schulstress am Musizieren verhinderten Jugendlichen aus. Christine Galka hat mir ihrer „Einführung für Erwachsene“ diese Zielgruppe im Auge. Ihre Anleitung bietet für geübte Geiger, die ohne regelmäßigen Unterricht auf die Bratsche umsteigen wollen, zahlreiche Erläuterungen und Einspielübungen.
Die grundlegenden Unterschiede zwischen Violin- und Violaspiel werden treffend beschrieben. Doch primär ist Christine Galkas Bratschenschule dafür gedacht, im Unterricht verwendet zu werden. Auch der erwachsene Neu- oder Wiedereinsteiger sollte keinesfalls auf einen Lehrer oder eine Lehrerin verzichten. Wie Galka schreibt, müssen Haltung und Bewegungsabläufe individuell, ausgehend vom Körperbau des Einzelnen, entwickelt werden – und dazu ist eine Lehrperson notwendig. Die Autorin gibt deshalb keine genauen Darstellungen in Wort und Bild für die Haltung beim Bratschenspiel und verzichtet auf eine detaillierte Darstellung der Bewegungsabläufe des Bogens beim Strich- und Saitenwechsel, da dies die Aufgabe der Lehrkraft ist.
Galkas Einführung ins Bratschenspiel ist übersichtlich und logisch aufgebaut. Sie beginnt mit dem Spiel der leeren Saiten, dann folgen schrittweise erster, zweiter, dritter und vierter Finger. Dazu werden Bogen- und Seitenwechsel, Détaché, Legato, Staccato und das Binden von Tönen gelehrt. Der besondere Mehrwert dieser Schule liegt zum einen in der Anleitung zum richtigen Üben. Christine Galka empfiehlt tägliche Einspielübungen und ermutigt, eigene hinzuzuerfinden. Gerade für ältere Menschen, deren Muskeln und Gelenke von der gegenüber der Violine doch sperrigeren Bratsche leicht überfordert werden, ist dieses tägliche Einspielen zur Dehnung und Lockerung unabdingbar. Zum anderen liegt der Mehrwert dieser Schule in der Auswahl der Spielstücke, die den Anforderungen von Erwachsenen entsprechen: Galka versammelt ein großes Spektrum von Musik des 17. bis 20. Jahrhunderts, das Neugier und Spiellust weckt.
Die zweistimmigen Bearbeitungen können zusammen mit der Lehrkraft musiziert werden. Mit Klavierbegleitung gibt es außerdem „Ohrwürmer“ wie das Wiegenlied von Brahms oder „Weltmusik“ aus Spanien und Costa Rica. So ist Galkas „Einführung für Erwachsene“ eine pädagogisch klug angelegte „Ver­füh­rung“ zum Bratschenspiel!
Franzpeter Messmer