Thielemann, Kristin

Nur ein Klick

Unterrichtsorganisation mit „WhatsApp“

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 4/2016 , musikschule )) DIREKT, Seite 05

Rund um die Uhr erreichbar? Das muss nicht sein. Aber die Vorteile der Kommunikation mit „WhatsApp“ möchte ich nicht mehr missen.

Als praktisch erweist sich diese App zum Beispiel für außergewöhnliche Fälle der Unterrichtsorganisation: Die Heizung meines Zimmers in der Musikschule ist ausgefallen und der Unterricht findet in einem anderen Raum statt? Ich habe mir im Lauf des Nachmittags beim Unterrichten zehn Minuten Verspätung eingehandelt? Kein Problem! Ein Klick auf die Montags-Schülergruppe und alle finden umweglos zum richtigen Raum. Ein Klick auf die Dienstags-Schülergruppe und niemand verbringt sinnlos Wartezeit in der Musikschule. Kurzfristig hat mich eine Grippe erwischt und ich kann nicht unterrichten? Das schicke ich mit einem Klick an alle Mittwochs-Schüler. Vorbei die Zeiten, als ich mit Fieber auf dem Sofa lag und den halben Nachmittag damit verbrachte, alle SchülerInnen telefonisch zu erreichen – und am Ende doch der eine oder die andere meine Nachricht nicht recht­zeitig bekam und suchend durch die Musikschule irrte.
Vorsichtig bringe ich den Eltern ein wenig Chat-Knigge näher: Wenn Sie den Unterrichtstermin Ihres Kindes verlegen möchten, so chatten Sie mich doch am besten im Einzelchat an. In einen Gruppenchat gehören nur Dinge, die alle SchülerInnen oder Eltern etwas angehen – alles andere will dort keiner lesen und am Ende führt es dazu, dass niemand diesen Gruppenchat mehr besucht, wenn eine neue Nachricht angezeigt wird.
Auch Projekte wie beispielsweise das Anfängerensemble, in dem alle SchülerInnen mitspielen dürfen, oder einen gemeinsamen Konzertbesuch mit allen SchülerInnen organisiere ich über WhatsApp. Ich nutze diese Form der Lehrer-Schüler-Eltern-Kommunikation, wo immer ich sie nutzbringend in meinen Alltag einbauen kann.
– Gerne verschicke ich Hausaufgaben mit von den SchülerInnen aufgenommenen Hörbeispielen oder mit Beispielfotos der kniffligen Takte an interessierte Eltern notorischer Hausaufgabenheft-Vergesser.
– Ältere SchülerInnen bekommen regelmäßig Online-Hausaufgaben, wie etwa ei­ne tolle Aufnahme eines Stücks auf YouTube zu suchen und mir den Link zu schicken, die Dynamik eines bestimmten Clips in ihre Noten zu übertragen oder zu vergleichen.
– Haben wir im Unterricht gemeinsam ein Play-Along mit einer App oder Software erstellt, ist dieses ebenfalls schnell mit WhatsApp versendet. Ein weiterer Vorteil: Die Jugendlichen haben diese Daten immer dabei, denn wer ist heute schon ohne Handy unterwegs? So können sie sich zwischendurch immer mal wieder mit den Unterrichtsinhalten beschäftigen. Und das tun sie auch. Freiwillig. Denn so ein Handy ist spannend!
Natürlich ließe sich all das auch über E-Mails lösen: Auch hier könnte ich Verteiler anlegen und gezielt Informationen herausgeben, Einladungen und Flyer verteilen. Doch die Erfahrung zeigt: Für Schüler ist dieses Medium völlig uninteressant – sie nutzen es kaum noch. Und auch Eltern erreichen meine kleinen Service-Meldungen zu Raumänderungen oder Verspätungen oft erst, wenn sie am Abend ihre privaten E-Mails checken. Leider zu spät!
Natürlich ist mir bewusst, dass am Samstag um 21 Uhr nicht unbedingt meine Musikschularbeitszeit ist, aber wenn Marie mir um diese Zeit den Link zu einem witzigen Trompetenfilm schickt („Meega! Schau mal!“), dazu diverse Smileys, dann schaue ich mir den sicher an und schicke zumindest den „Daumen hoch“ zurück.
Eine tolle Sache… Es sei denn, in der Schülerschar befindet sich ein Kind, dessen Eltern SMS- oder WhatsApp-Verweigerer sind. Ziemlich patzig antwortete mir kürzlich eine Mutter auf die Frage, ob sie denn inzwischen ein Mobiltelefon hätte und zumindest per SMS erreichbar sei: „Keine E-Mails, kein Handy. Wir haben ein Telefon und einen Briefkasten! Gelegentlich schalten wir den Anrufbeantworter ein…“
Die kleinen Service-Extras meines Musikunterrichts mit ihr per Briefpost zu lösen, bedeutet für mich deutlich mehr Arbeit. Ihr Kind bekommt also handgeschriebene (!) Klebezettel von mir mit. Jeden Mittwoch gleich zwei oder drei Stück: mit Hausaufgaben, Übetipps, Einladungen zu Konzertbesuchen und einigem mehr. Genau diese Mutter ist aber jedes Mal erzürnt, wenn sie durch die Musikschule irrt und nach meinem Ersatzraum sucht – und hat schon das eine oder andere Mal vor meinem Unterrichtsraum warten müssen, auf dessen Tür ein Zettel klebte: „Heute leider 10 Minuten Verspätung!“
Neulich gab ich einem interessierten Jungen eine Probestunde. Er ist im richtigen Alter und besitzt sogar schon eine Trompete. Beim Beratungsgespräch mit den Eltern habe ich es dann tatsächlich gefragt: „Besitzen Sie ein Handy? Und haben Sie… WhatsApp?“