Dartsch, Michael / Jens Knigge / Anne Niessen / Friedrich Platz / Christine Stöger (Hg.)

Handbuch ­Musikpädagogik

Grundlagen – Forschung – Diskurse

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Utb/Waxmann, Münster 2018
erschienen in: üben & musizieren 5/2019 , Seite 61

„Ein Referenzwerk für die gesam­te Disziplin Musikpädagogik“ fehlte bisher – und man kann den HerausgeberInnen nur gratulieren: Es liegt nun in beeindruckender Weise vor.
Die HerausgeberInnen nennen es selbst ein „gewagtes Unterfangen, die zunehmend komplexer werdenden inhaltlichen und methodischen Schwerpunkte so­wie die Entwicklungslinien der immer noch eher jungen Forschungsdisziplin in einem Handbuch einzufangen und abzubilden“. Eine zentrale Aufgabe des Kompendiums ist es also, die Vielfalt der Musikpädagogik, wie sie sich bis heute entwickelt hat, aufzuzeigen sowie theoretisch, methodisch und praktisch zeitgemäß zu diskutieren.
„Musikpädagogik wird hier aufgefasst als Bezeichnung für die im weitesten Sinne auf Lernen orientierte Beziehung zwischen Mensch und Musik inklusive der damit verbundenen Situationen, Praxen, Reflexionen, Theorien und Forschungen.“ Eine so verstandene, aktuelle Musikpädagogik ist also vor allem gekennzeichnet durch ihre Diversität, durch interdisziplinäre Ansätze und eine stets präsente kritische Selbstreflexion. Das Handbuch möchte in Grundlagen und Diskurse des Fachs einführen und einen Überblick schaffen.
Hier treffen Ansätze der schulischen und der außerschulischen Musikpädagogik aufeinander, es sind WissenschaftlerInnen aus beiden Fachrichtungen vertreten und es steht die ganze Bandbreite, die „Diversität musik­pädagogischer Wirkungs- und Handlungsfelder“ im Fokus. Dass selbst auf über 600 Seiten eine Auswahl getroffen werden muss­te und an einigen Stellen keine abschließenden Antworten gefunden, sondern Perspektiven zum Weiterdenken und Forschen geöffnet werden, ist selbstverständlich. Über 50 AutorInnen haben zu diesem Werk beigetragen, neben etablierten ProfessorInnen deutscher Musikhochschulen kommen auch AutorInnen aus dem angloamerikanischen und skandinavischen Raum sowie einige NachwuchswissenschaftlerInnen zu Wort.
Das Handbuch besteht aus sechs großen Kapiteln, die sich wiederum differenziert und ausführlich mit einzelnen Teilbereichen befassen. So findet man nach der einen Überblick schaffenden Einleitung im zweiten Kapitel „Kontexte: Begriffe, Begründungen und Diskurse“ zentrale Begriffsdefinitionen und theoretische Ansätze sowie eine sehr aufschlussreiche Übersicht über die interdisziplinären Kontexte, welche die Musikpädagogik prägen, bereichern und mitgestalten: begonnen mit der zentralen Erziehungswissenschaft, über die Musikwissenschaft, -psychologie, -soziologie, die Kulturwissenschaften inklusiv Genderforschung bis zur Musikermedizin.
Eine spannende Perspektive eröffnet das dritte Kapitel zu den „AkteurInnen in musikpädagogischen Arbeitsfeldern“, welches ausgeht von Lernenden und Lehrenden und wiederum die Vielfalt der musikalischen Tätigkeitsfelder auf gelungene Art und Weise im Blick behält. Als Herzstück kann Kapitel 4 „Perspektiven auf Lernen“ gelten, welches für Studium und Lehre zahlreiche Artikel liefert, die unumgänglich sein werden. Auch hier überzeugt die Auswahl der Themen und der AutorInnen, die jeweils Teilbereiche kompetent und detailliert ausarbeiten und zugleich dazu beitragen, dass dieses spannende Fach Musikpädagogik als Ganzes in seiner bunten Vielfältigkeit erscheint und greifbar wird. So findet man Aufschlussreiches zu Lernbegriffen, Lernformen und Lernwegen, Überlegungen zu den Dimensionen des Künstlerischen, zu Kompetenz und Expertise, den Begabungsbegriff, zum Thema Üben sowie grundlegende Ausführungen zur den verschiedenen didaktischen Handlungsfeldern, Me­thoden und Theorien, über musikalische Praxen des Hörens, des Improvisierens, der Bewegung und mehr, bis hin zu Unterrichtsgestaltung und Leistungserfassung.
Das fünfte Kapitel „Orte“ leistet einen wichtigen Beitrag zum Ver­ständnis, wie und wo sich Musikpädagogik im Alltag abspielt. Im letzten Kapitel wird ein großartiger Über- und Einblick in „Mu­sikpädagogik als Forschungsdisziplin“ gegeben. Hilfreich ist zudem der sorgfältig gestaltete Anhang mit Hinweisen Zeitschriften und Verbänden, zu Fach- und Interessengruppen.
Das Handbuch Musikpädagogik stellt eine große Bereicherung für Forschung, Studium und Lehre dar und ist ein zentrales Werk für alle, die sich mit diesem Fach auseinandersetzen.
Katharina Deserno