Simon, Jürgen

Gefahrenquellen erkennen

Die Sicherheit bei Schülervorspielen wird oft nicht ausreichend bedacht

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 1/2015 , musikschule )) DIREKT, Seite 08

Vorspiele, Konzerte und andere gemeinsame Veranstaltungen sind eine der Kernaufgaben guter Musikschularbeit. Dabei sollte keinesfalls die Sicherheit außer Acht gelassen werden.

Gibt man in einer Suchmaschine die Begriffe „Sicherheit“ und „Schülervorspiel“ oder „Schulkonzert“ ein, so werden zahlreiche Treffer, die sich mit dem Gewinn an Sicherheit beim Musizieren befassen, angezeigt. Hinweise zur Veranstaltungs­sicherheit tauchen hingegen nahezu keine auf. Dabei sollte sich jede Musikschullehrkraft, egal wie klein oder groß ihre Veranstaltungen sind, unbedingt mit diesem Thema beschäftigen. Denn Gefahren lauern an vielen Stellen – auch in Bereichen, die so selbstverständlich zum täglichen Le­ben gehören, dass man sie gar nicht als mögliche Gefahrenquellen in Betracht zieht.

Im kleinen Kämmerlein

Bereits bei einem kleinen Klassenvorspiel mit nur zehn oder 15 Schülern kommen mit Eltern, Geschwistern und ein paar Großeltern oder Freunden leicht 50 Personen zusammen, von denen sich womöglich ein großer Teil nicht im Gebäude auskennt. Je nach Alter der SchülerInnen sollte sich jede Lehrkraft im Vorfeld überlegen, welche Probleme auftauchen können. Selbst einfache Fragen sollten bedacht werden:
– Wer begleitet ein Kind zur Toilette?
– Wer trägt in dieser Zeit die Verantwortung für die übrigen Kinder?
– Wie kann im Ernstfall garantiert werden, dass alle Anwesenden die richtigen Fluchtwege benutzen?
– Wer überprüft, ob alle Schüler das Gebäude sicher verlassen haben – auch die Schüler, die ohne Eltern gekommen sind? Wenn das Vorspiel in einem anderen als dem gewohnten Unterrichtsraum stattfindet, sollte man sich jedenfalls im Vorfeld über Fluchtwege informieren.
Es müssen aber gerade bei solchen Kleinstveranstaltungen, bei denen die Musikschulleitung nicht nennenswert involviert ist, auch Fragen nach der zulässigen Gesamtzahl an Personen im jeweiligen Raum gestellt werden. Es ist leicht, ein paar Stühle aus den Nachbarräumen zu organisieren, aber die zulässige Personenzahl darf keinesfalls überschritten werden. Dazu muss man diese Zahl zunächst in Erfahrung bringen. Man muss aber gegebenenfalls auch das Durchsetzungsvermögen aufbringen, dafür zu sorgen, dass überzählige Besucher wieder gehen müssen, auch wenn das sicherlich zu Unmut unter den Besuchern führen wird.

Auf der großen Bühne

Erheblich mehr muss bedacht werden, wenn die Veranstaltung auf einer Bühne stattfindet. In diesem Fall müssen Kinder sowohl auf als auch hinter der Bühne beaufsichtigt werden. Außerdem ist in diesem Fall mit erheblich mehr Zuschauern zu rechnen. Darüber hinaus wird auf einer Bühne in der Regel wenigstens ein gewisses Maß an Beleuchtungstechnik eingesetzt. Auch wenn diese Technik für gewöhnlich durch einen Hausmeister oder Haustechniker bedient wird, müssen die Lehrkräfte die Gefahrenquellen kennen und berücksichtigen.
Oft können bereits kleine Änderungen am gewohnten Ablauf zu einer veränderten Gesamtsituation führen: Zum zehnjährigen Bestehen des Instrumentenkarussells haben die Kinder ein großes Transparent gemalt, das auf der Bühne aufgehängt werden soll. Wer dabei nicht bedenkt, welche enormen Temperaturen selbst relativ kleine Bühnenscheinwerfer entwickeln können, produziert hier womöglich einen bedrohlichen Brandherd. Und auch das Aufhängen des Plakats muss so geplant sein, dass rechtzeitig eine standsichere Leiter organisiert wird und nicht jemand in letzter Sekunde auf einen Stuhl oder einen Tisch steigt, weil kurzfristig keine Leiter aufzutreiben ist.
Wer stimmungsvolle Beleuchtung mit Hilfe von Pultleuchten erzeugen will, muss dabei unbedingt bedenken, dass die Stromkabel nicht zu Stolperfallen werden. Und nicht zuletzt darf nicht außer Acht gelassen werden, dass selbst Kinder, die sich normalerweise völlig unproblematisch verhalten, in einer aufregenden Ausnahme­situation und in einer Gruppe völlig unvorhersehbar reagieren können.

Vor der großen Bühne

Aber nicht nur auf der Bühne müssen mögliche Gefahrenquellen berücksichtigt werden, sondern auch die Situation des Publikums vor der Bühne muss sorgfältig geplant werden. Je mehr Publikum erwartet wird, desto sorgfältiger muss geprüft werden, ob zusätzliche Helfer zum Verlassen des Veranstaltungsortes in einer Gefahrensituation erforderlich sind.
Es muss geklärt werden, dass alle Wege, die das Pub­likum benutzt, hinreichend beleuchtet sind. Das schließt insbesondere auch den Weg zur Toilette ein. Gerade in Schulgebäuden ist es häufig der Fall, dass bei Abendveranstaltungen nur noch der Teil des Gebäudes um die Aula herum in Betrieb ist. Hier muss dringend darauf geachtet werden, dass sich nicht versehentlich jemand in die womöglich unbeleuchteten Teile des Gebäudes verirrt.
Dieser Artikel kann und soll keine vollständige Auflistung aller möglichen Gefahren und Risiken sein, die bei Schülervorspielen und -konzerten zu beachten sind. Es sollen vielmehr Lehrkräfte und Schulleitungen angeregt werden, im Vorfeld von Veranstaltungen genau zu überlegen, welche sicherheitsrelevanten Aspekte auftauchen können und wer im Einzelnen wofür verantwortlich ist.

Rechtliches

Für den Betrieb und die Benutzung von Veranstaltungsstätten gibt es genaue Vorschriften, die die Sicherheit der Veranstaltung ebenso wie die Verhütung von Arbeitsunfällen, die Vermeidung von Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesund­heitsgefahren, aber auch eine wirksame erste Hilfe gewährleisten sollen. Obwohl diese Regelungen teilweise von den einzelnen Bundesländern aufgestellt werden, sind sie im Großen und Ganze bundesweit recht einheitlich. Dabei wird die Verantwortung unter drei verschiedenen Verantwortlichen (Personen oder Einrichtungen) verteilt.
– Der Betreiber einer Veranstaltungsstätte ist derjenige, der für das Gebäude verantwortlich ist und letztlich auch darüber entscheidet, welche Veranstaltungen er genehmigt und durchführen lässt. Bei öffentlichen Schulen und Musikschulen ist dies in der Regel der (Ober-)Bürgermeister oder der zuständige Landrat. Bei privaten Musikschulen ist dies normalerweise der Schulleiter oder Eigentümer der Musikschule. Allerdings werden in vielen Fällen auch im öffentlichen Bereich die Betreiberpflichten auf die Schulleitungen übertragen. Letztlich ist der Betreiber für alles verantwortlich, was in seinem Gebäude passiert. Er muss dafür sorgen, dass das Gebäude als solches sicher ist. Er muss mögliche Gefahren ermitteln und entsprechende Schutzmaßnahmen treffen. Er muss eine Betriebs- und Nutzungsordnung erstellen und dafür sorgen, dass diese auch eingehalten wird. Und er muss, wenn er selbst diese Aufgaben nicht übernehmen kann, entsprechend qualifizierte Mitarbeiter beschäftigen.
– Der Veranstalter ist derjenige, der eine bestimmte Veranstaltung durchführt. Wenn es sich bei der Veranstaltung um eine offizielle Veranstaltung einer allgemein bildenden Schule oder Musikschule handelt, ist dies im Normalfall die Schulleitung. Der Veranstalter muss dafür Sorge tragen, dass alle Regeln, die vom Betreiber festgesetzt wurden, eingehalten werden. Dazu gehört vor allem auch, dass der Veranstalter mögliche Gefahrenquellen identifiziert und mit dem Betreiber die erforderlichen Maßnahmen abstimmt.
– In vielen Fällen wird die Schulleitung jedoch eine oder mehrere Lehrkräfte mit der Leitung der Veranstaltung beauftragen. Diese übernehmen dann eine erhebliche Verantwortung. Aus diesem Grund empfiehlt sich in solchen Fällen unbedingt, bereits im Vorfeld schriftlich zu fixieren, welche Aufgaben übernommen werden müssen und wofür genau jede einzelne Lehrkraft die Verantwortung trägt. Je nach den Erfordernissen der Veranstaltung muss auch geklärt werden, wer für die Technik verantwortlich ist, da eine kurze Einweisung oft nicht ausreicht, um in einer Gefahrensituation richtig zu reagieren.
Alle diese Überlegungen muss eine Lehrkraft eigenständig anstellen, wenn sie für eine Veranstaltung selbst einen Raum organisiert. Dann kann es leicht passieren, dass die Lehrkraft selbst zum Veranstalter wird und damit die alleinige Verantwortung dafür trägt, alle durch den Betreiber aufgestellten Forderungen korrekt umzusetzen.