Sonntag, Rainer

Brandschutz in der Musikschule

Anforderungen und Pflichten für Betreiber und Unterrichtende

Rubrik: musikschule )) DIREKT
erschienen in: üben & musizieren 4/2014 , musikschule )) DIREKT, Seite 06

Für jedes Gebäude ist abhängig von der Nutzung aus baulicher Sicht ein Sicherheitsstandard erforderlich. Dies wird uns dann bewusst, wenn wir in der Zeitung von einem Hauseinsturz lesen oder Feuer ein Haus verwüstet hat. In beiden Fällen ist es ein glücklicher Umstand, wenn keine Personen zu Schaden gekommen sind.

Der Gesetzgeber hat hierzu hohe Anforderungen gestellt: Gebäude müssen so beschaffen sein, dass unsere höchsten zu schützenden Rechtsgüter „Leben und Gesundheit“ bewahrt werden. Im Brandschutz sind die Anforderungen noch weitgehender: Es wird per Gesetz gefordert, dass im Gebäude der Brandentstehung und Brandausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt werden muss.

Vorbeugung der Brand­entstehung und -ausbreitung

Zur Vorbeugung der Brandentstehung kann man selbst eine Menge beitragen. Da sind zunächst „Klassiker“ zu nennen wie: keine Kerzen unbeaufsichtigt brennen lassen; eine Anhäufung von brennbaren Stoffen, z. B. Papiermüll, vermeiden; Rauchverbot im Gebäude etc. Zur Vorbeugung der Ausbreitung von Feuer und Rauch werden in größeren Gebäuden Brandwände und Rauchabschnitte gebildet. Dies geschieht bereits bei Erstellung des Gebäudes. Im praktischen Betrieb können dabei erheb­liche Fehler gemacht werden, die den besten Brandschutz aushebeln, z. B. wenn Brandschutztüren, die eigentlich dafür sorgen sollen, dass der giftige Brandrauch abgeschottet wird, mit einem Keil offengehalten werden. Wenn diese Türen ihre Funktion im Brandfall verlieren, können sich der Brandrauch oder sogar das Feuer unkontrolliert ausbreiten. Deshalb ist es unerlässlich zu wissen, welche Türen im Brandfall Leben retten können, damit diese Türen nicht unterkeilt werden.
Ein weiterer Aspekt ist die gesetzliche Forderung nach zwei unabhängigen Rettungswegen. Hier geht es um Personenschutz und damit die direkte Möglichkeit, Leben und Gesundheit zu sichern. Der erste Rettungsweg muss immer mit dem Gebäude verbunden sein, es ist im Regelfall bei den Obergeschossen die Treppe, gesichert in einem Treppenraum. Im Erdgeschoss ist es ein direkter Ausgang ins Freie. Sollte dieser (erste) Rettungsweg ausfallen, z. B. wegen Verrauchung oder Brandeinwirkung, muss der zweite Rettungsweg den betroffenen Personen zur Verfügung stehen. Dies ist bei kleinen Nutzungseinheiten (Wohnungsgröße) meist eine anleiterbare Stelle. Die Rettung erfolgt dann durch die Feuerwehr. Hierbei muss aber die Ankunft der Feuerwehr abgewartet werden; kein schöner Gedanke, auf Hilfe warten zu müssen, während sich das Feuer langsam ausbreitet. Diese Form der Rettung ist deshalb nur bei kleinen abgeschotteten Bereichen möglich. Sind viele Personen zu retten, muss auch der zweite Rettungsweg baulich ausgeführt sein: eine weitere erreichbare Treppe im Treppenraum oder eine Außentreppe.
In jedem Fall ist die rasche Evakuierung und damit die Selbstrettung das wichtigste Ziel. Für die anrückende Feuerwehr ist es unerlässlich, sofort nach Ankunft vom Verantwortlichen eine Auskunft zu erhalten, ob alle Personen in Sicherheit sind und das Gebäude vollständig evakuiert wurde. Schon ein „Ich weiß nicht, ob alle draußen sind“ erhöht den Adrenalinspiegel der Feuerwehrleute schlagartig, da diese nun damit beginnen müssen, das Gebäude vollständig nach vermissten Personen abzusuchen. Was es bedeutet, wenn diese Personen sich tatsächlich im Brandrauch befinden bis zur Rettung durch die Feuerwehr, mag sich jeder selbst vorstellen.
Schließlich fordert der Gesetzgeber, dass wirksame Löschmaßnahmen möglich sein müssen. Dies beginnt damit, dass mit Feuerlöschern Entstehungsbrände bekämpft werden können. Beim beschriebenen Feuer­wehreinsatz muss neben der Zufahrtsmöglichkeit für die Feuerwehr die Infrastruktur für das Aufstellen von Leitern und die Entnahme von Löschwasser möglich sein.

Organisatorischer Brandschutz

Ein wesentlicher Teil des Brandschutzes entfällt bei Musikschulen auf den Organisatorischen Brandschutz. Der Betreiber ist nämlich dafür verantwortlich, dass die Personen sicher und schnell – möglichst vor Ankunft der Feuerwehr – das Gebäude verlassen haben. Die Hilfe der Feuerwehr bei der Rettung ist das letzte Mittel! Deshalb muss der Brandschutz für den Eva­kuierungsfall gut organisiert sein. Bei größeren Einrichtungen sind Brandschutzhelfer erforderlich, die im Brandfall den Betreiber unterstützen, dass Entstehungsbrände gelöscht und Personen evakuiert werden.
Wesentlich ist hierbei die Unterweisung von Lehrkräften im Brandschutz. Diese können als Brandschutzhelfer ausgebildet sein, eine zwingende Notwendigkeit hierzu ergibt sich aber nicht. In jedem Fall müssen die Lehrkräfte im Brandfall in verantwortlicher Weise Folgendes beherrschen:
– die Evakuierung auslösen;
– ihre Gruppe in Sicherheit bringen;
– soweit möglich einen Entstehungsbrand mit einem Feuerlöscher bekämpfen, ohne sich zu gefährden;
– die Feuerwehr rufen und einen qualifizierten Hilferuf bei der Leitstelle absetzen.
Diese Maßnahmen sind üblicherweise in einer Brandschutzordnung festgelegt. Bezüglich des Betreibers und seiner Verantwortung lassen sich folgende Fälle unterscheiden:

Privat unterrichtende Lehrkräfte in der Wohnung

Die Wohnung verfügt über die erforder­lichen Rettungswege. Die Anzahl der Personen ist gering, meist Lehrkraft und zu Unterrichtende. Da die Wohnnutzung überwiegt, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Allerdings müssen beide Rettungswege vorhanden sind, das Rettungswegesystem der Wohnung wird genutzt. Die Entscheidung zur Evakuierung und Anleitung zum richtigen Verhalten im Brandfall trägt die Lehrkraft. Ein Feuer­löscher ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich.

Private und öffentliche ­Musikschulen

Hierbei handelt es sich um gewerbliche Einrichtungen. Die Einrichtung ist damit deutlich größer als eine normale Wohnung, mehrere Beschäftigte unterrichten gleichzeitig Einzelpersonen bzw. Kleingruppe oder eine größere Gruppe, z. B. ein Orchester. Aus brandschutztechnischer Sicht ist eine private Musikschule einer öffentlichen Musikschule gleichgestellt. Die Nutzung und das brandschutztechnische Risiko sind gleich, allenfalls bestehen Größenunterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen. Deshalb werden diese Musikschultypen gemeinsam betrachtet.
Der Betreiber ist als öffentlicher oder privater Unternehmer verpflichtet, den Brand­schutz sicherzustellen. In den Musikschulen werden vorrangig Kinder und Jugendliche ausgebildet. Hierbei wird vom Unternehmer eine Vorbildfunktion erwartet, was den Brandschutz einschließt.
Folgende Maßnahmen sind für den Brandschutz in Abhängigkeit von der Größe der Einrichtung erforderlich (es handelt sich nur um eine Auswahl und ist nicht abschließend gemeint):
– Unterweisung der Lehrkräfte im Brandschutz (erstmalig und wiederkehrend);
– Brandschutzbeauftragter bei großen Einrichtungen;
– ca. fünf Prozent der Beschäftigten als Brandschutzhelfer ausbilden;
– Maßnahmen der Brandvorbeugung (z. B. Prüfung von Elektrogeräten nach BGV A3, Anweisungen zu offenem Feuer, Kerzen etc.);
– Ausstattung des Gebäudes mit Feuerlöschern;
– Anweisungen zur Evakuierung (z. B. auf einen Alarmton ausgelegt);
– Brandmeldeanlage zur Alarmierung der Feuerwehr und Warnung der Personen;
– bei sehr großen Einrichtungen Durchführung einer Evakuierungsübung, auch mit den Schülerinnen und Schülern;
– Aufstellen einer Brandschutzordnung;
– Nutzung des Gebäudes entsprechend der Baugenehmigung (z. B. keine Versammlungsstättennutzung, das heißt mehr als 200 Personen, ohne spezielle Genehmigung).

Zusammenfassung

Personenschutz geht vor Sachschutz! Der Betreiber und die von ihm beauftragten Lehrkräfte sind für die Evakuierung zuständig. Die Personen müssen frühzeitig im Brandfall gewarnt und aus dem Gebäude in Sicherheit geführt werden. Selbstrettung geht vor Fremdrettung durch die Feuerwehr. Die Vollständigkeit der Personen ist an einem vorher festgelegten Sammelplatz festzustellen und der Feuerwehr sofort mitzuteilen. Das Gebäude darf nur entsprechend der genehmigten Nutzung betrieben werden. Die verantwortlichen Personen (Lehrkräfte) müssen sich vorab mit dem Brandschutz beschäftigen und sich gegebenenfalls als Brandschutzhelfer ausbilden lassen.