Chaoui, Hayat

WOW – Women of our World

Interkulturelles Chorbuch für Frauenstimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2021
erschienen in: üben & musizieren 4/2022 , Seite 60

Seit 2015 gibt es in Wuppertal den interkulturellen Frauenchor „WoW“ (Women of Wuppertal). Entstanden ist er als Teil eines Arbeitsmarktprojekts für Mütter mit Migrationshintergrund. Inzwischen hat er sich als eigenständiges Angebot an der Bergischen Musikschule allen interessierten Frauen der Stadt geöffnet und bundesweit Beachtung gefunden. Auf der Homepage der Musikschule präsentiert sich „WoW“ mit prägnanten Worten: „Wir definieren uns im Chor über das gemeinsame Tun im Augenblick, nicht darüber, woher wir kommen, welchen Bildungsstand wir haben oder wie gut wir deutsch sprechen. Wir lernen voneinander und miteinander durch das Erarbeiten unserer Lieder.“
Im Chorbuch WoW – Women of our World hat Chorleiterin Hayat Chaoui nun 40 Titel aus dem Repertoire des Chors veröffentlicht. Chaoui, in Frankfurt am Main als Tochter marokkanischer Einwanderer geboren, weist in ihrem lesenswerten Vorwort darauf hin, „dass das Chorsingen einen stark integrativen und sozialen Charakter haben kann. Es ist Auffangnetz und Ventil zugleich.“ Dies gilt wohl auch und erst recht angesichts der sich zuspitzenden Krisen in Welt und Gesellschaft. Einige der Chorsängerinnen berichten im Buch sogar persönlich über ihre Erfahrungen.
Die 40 Volkslieder (oder Lieder mit Volkslied-Status) stammen aus 25 Sprachen, die sich oft mehreren Staaten zuordnen lassen. Sie sind grob gegliedert nach vier dominierenden Gefühlslagen: Liebe, Freude, Hoffnung und Trauer. Interessante Details finden sich in den Anmerkungen. Im jiddischen Lied Mayn rueplats etwa geht es ­eigentlich um die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, und manches arabische Liebeslied lässt sich auch religiös interpretieren. Allen Liedern ist der Originaltext in lateinischer Schrift unterlegt; wo nötig, ist der Text in originaler Schrift (armenisch, chinesisch, griechisch usw.) beigegeben. Übersetzung und Aussprachehilfen finden sich im Anhang. Sämtliche beigegebene Texte findet man in deutscher und englischer Sprache.
Mit dem Offenbacher Komponisten und Kantor Jürgen Blume hat Chaoui einen erfahrenen Arrangeur gefunden. Seine zwei- bis dreistimmigen Liedsätze mit Akkordsymbolen sind für Laien im Anspruch leicht bis mittelschwer. Die Melodie liegt stets leicht erkennbar in der Oberstimme. Oft ist die dritte Stimme fakultativ, manchmal ist sinnvollerweise eine Stimme für (Body-) Percussion beigegeben. Harmonisches und melodisches Bezugssystem ist weitgehend die westliche Dur-Moll-Tonalität. Obwohl das Chorbuch einen praktischen und keinen musikethnologischen Anspruch erhebt, möchte man sich für ein Folgeprojekt auch authentische, nicht-akkordische Begleitungen oder begleitende Überstimmen wünschen.
Andreas Hauff