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Bauchrowitz, Frank

Konzert-Livestream – worauf ist zu achten?

Auch beim Livestreaming müssen juristische Aspekte bedacht werden

Rubrik: Recht & Versicherung
erschienen in: üben & musizieren 1/2023 , Seite 42

Die Corona-Pandemie hat den Konzertbetrieb für Musikschulen nachhaltig verändert. Viele überlegen inzwischen, ob ein Konzert live stattfinden kann oder besser (auch) gestreamt werden sollte. Doch worauf ist beim Konzert-Livestream aus rechtlicher Sicht zu achten?

In einem früheren Beitrag wurde der Frage nachgegangen, worauf bei der Herstellung von Filmaufnahmen bei Konzerten und deren dauerhaftem Upload auf Social-Media-Plattformen geachtet werden muss.1 Der vorliegende Artikel legt den Fokus auf juristische Fragen zum Thema Livestreaming. Gemeint ist hiermit die Übertragung von Multimedia-Inhalten durch einen Datenstrom in Echtzeit über eine Multimedia-Plattform. Selbstverständlich können Livestreams auch aufgenommen und für den späteren Abruf bereitgestellt werden. Zu beachten sind beim Livestreaming Aspekte des Urheberrechts, des Leistungsschutzrechts, der Rechte am eigenen Bild und Themen im Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).2

Urheberrecht

Keine urheberrechtliche Lizenz ist notwendig für das Livestreamen von gemeinfreien Werken. Werden also ausschließlich Werke dargeboten und dann gestreamt, deren Schöpfer (Komponist oder Komponistin, Texter oder Texterin, Bearbeiter oder Bearbeiterin) vor mehr als 70 Jahren verstorben sind, wird keine urheberrechtliche Lizenz benötigt. Die Frist, bis zu der Urheberrechte an einem Werk bestehen, beginnt ab dem Jahr zu laufen, das auf den Tod des zuletzt verstorbenen Beteiligten folgt. Manchmal wird in diesem Zusammenhang übersehen, dass auch eine Bearbeitung Urheberrechte entstehen lässt. Wird also ein an sich gemeinfreies Werk in einer bearbeiteten Version gespielt und gestreamt (etwa ein Arrangement für eine andere Besetzung), sollte geprüft werden, ob die Bearbeitung ebenfalls schon gemeinfrei ist.
Sind die gestreamten Werke nicht gemeinfrei, ist eine Lizenz erforderlich. Sofern der Livestream über eine Plattform zur Verfügung gestellt wird, mit der die GEMA einen Lizenzvertrag abgeschlossen hat, muss der Veranstalter des Konzerts bzw. Streams nicht selbst eine Lizenz einholen. Mit den großen Social-Media-Plattformen (z. B. Facebook, YouTube, Instagram) bestehen Lizenzverträge für Musikstreaming. In diesen Vereinbarungen nicht enthalten sind Live-Konzertstreams, für die Tickets verkauft oder mit denen andere Einnahmen generiert werden (was auf Musikschulkonzerte eher selten zutreffen wird). In diesen Fällen müsste eine GEMA-Lizenz eingeholt werden (Tarif VR-OD 10).3 Das gilt ebenfalls, wenn der Stream außerhalb der genannten Plattformen gestreamt wird, z. B. über einen eigenen Mediaplayer auf der Website der Musikschule (und nicht über die Einbindung z. B. des YouTube-Players in die eigene Website).
Sinngemäß sind diese Regelungen übertragbar, wenn nach dem Ende des Livestreams das Konzert weiterhin abrufbar sein soll. Ein solches „On demand“-Angebot ist auf den Plattformen aufgrund der Lizenzverträge mit der GEMA möglich. Für die genannten Ausnahmen können Lizenzpakete bei der GEMA erworben werden, die Kosten richten sich nach Anzahl der Klicks.
Zu beachten ist hinsichtlich aller erwähnten GEMA-Lizenzen: Die GEMA vergibt keine Lizenzen für die Bearbeitung von Werken, sondern lediglich die Musikverlage. Nur Cover-Versionen (also möglichst werkgetreue Interpretationen) sind für Stream bzw. Upload zulässig. Wann die Grenze zur Bearbeitung überschritten ist, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. In der Regel liegt kein Cover mehr vor, wenn die Veränderungen im Vergleich zum Originalwerk eine neue ästhetische Aussage aufweisen. Das kann schon bei einer Uminstrumentierung der Fall sein.4
Haben die Verlage Bearbeitungslizenzen vergeben und wurden diese Bearbeitungen bei der GEMA angemeldet, können sie natürlich von MusikerInnen auch lizenziert und genutzt werden. Eine Recherche in der GEMA-Repertoire-Datenbank verhilft hier zur Klarheit.5 Erinnert sei auch daran, dass ein öffentliches Konzert mit Publikum am Aufführungsort immer eine Aufführungs­lizenz der GEMA benötigt.6

1 vgl. Bauchrowitz, Frank: „Achtung, Kamera! Kon­zerte filmen und ins Internet hochladen – darf man das eigentlich?“, in: musikschule )) DIREKT. Supp­lement zu üben & musizieren, 5, 2018, S. 10-12, www.uebenundmusizieren.de/artikel/achtung-kamera (Stand: 10.1.2023).
2 Zur Frage der Notwendigkeit von Rundfunklizenzen: Keiner Zulassung bedürfen nach §54 Abs. 1 Medienstaatsvertrag 2020 Rundfunkprogramme, die „nur geringe Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung enthalten oder die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20000 gleichzeitige Nutzer erreichen oder in ihrer prognostizierten Entwicklung erreichen werden“. Das dürfte auf die allermeisten Musikschulen zutreffen, weshalb hier auf diese Problematik nicht weiter eingegangen wird.
3 Der Tarif für geringfügige Nutzungen ist hier zu finden: www.gema.de/musiknutzer/tarifuebersicht/tarif-vr-od-10 (Stand: 10.1.2023).
4 Gesagt sei aber auch, dass es gesetzliche Aus­nahmen vom Bearbeitungsverbot gibt (z. B. § 51f. Urheberrechtsgesetz) und es bei vielen Musik­verlagen eine gewisse Toleranz hinsichtlich der Überschreitung der „Covergrenze“ gibt.
5 https://online.gema.de/werke/search.faces (Stand: 10.1.2023).
6 Tarif E – www.gema.de/musiknutzer/tarifuebersicht/tarif-e – oder Tarif U-K – www.gema.de/ musiknutzer/tarife-formulare/tarif-u-k (Stand: 10.1.2023).

Lesen Sie weiter in Ausgabe 1/2023.