Müller, Silvia

Kompetenzen von Lehrenden im Studienfach Elementare Musikpädagogik

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Waxmann, Münster 2022
erschienen in: üben & musizieren.research 2023

 

Zwischen Herausforderung und Kompetenz

Eine zwei-stufige Expert*innen-Befragung von Lehrenden im Studienfach Elementare Musikpädagogik


Rezension zu:
Müller, Silvia (2022). Kompetenzen von Lehrenden im Studienfach Elementare Musikpädagogik. Münster: Waxmann. 214 Seiten, 34,90 €, ISBN: 978-3-8309-4595-6

Rezensentin: Sonja Stibi
Rezension veröffentlicht am: 29.06.2023

1. Kompetenzen von Lehrenden im Studienfach EMP

Unter diesem Titel legt Silvia Müller ihre 2022 angenommene Dissertation vor, eine zweistufige Befragung von Dozent*innen im Studienfach EMP[1], welches Studierende dafür ausbildet, Elementares Musizieren mit verschiedenen Zielgruppen anzuleiten. Hochschullehrende müssen daher über vielfältige Kompetenzen verfügen. Worin diese genau bestehen, was Dozent*innen wissen und können sollen, um das Fach erfolgreich lehren zu können – diesem Forschungsdesiderat geht die Autorin in ihrer Studie nach mit dem Ziel, ein fachspezifisches Soll-Kompetenzprofil zu erstellen.

Da weder vergleichbare Studien im Bereich EMP vorliegen noch fachspezifische Kompetenzprofile existieren und bestehende Kompetenzprofile aus Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung i. d. R. überfachlich angelegt sind, wählt Silvia Müller den Weg der Expert*innen-Befragung für ihre explorative Studie und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum wissenschaftlichen Fachdiskurs.

2. Vom Kompetenzbegriff zur Rangliste

Die Arbeit ist klassisch in eine Einführung, die Darstellung theoretischer Grundlagen, eine Erläuterung der Ziele und Leitfragen, die Erörterung des Forschungsdesigns, die Darlegung der Ergebnisse in zwei Stufen sowie einer Diskussion der Ergebnisse mit abschließendem Fazit gegliedert.

Zentraler Terminus des theoretischen Rahmens wie analytische Kategorie ist der Begriff ‚Kompetenz‘. Um diesen fachübergreifend und fachspezifisch entfalten zu können, folgt zunächst ein kompakter Überblick über die EMP, an den ein Abriss über deren Entwicklung als Praxisfeld und Studienfach anschließt. Sinnvollerweise werden die Bezeichnungen ‚Elementare Musikpädagogik‘ und ‚Elementares Musizieren‘ terminologisch voneinander abgegrenzt, um begriffliche Unschärfen auszuräumen.

Unter Rückgriff auf die Etymologie, auf pädagogische Konzepte (z. B. Pestalozzi, 1809; Klafki, 1964) und auf musikpädagogische Verwendungsweisen im Orff-Schulwerk (Orff, 1963; Jungmair, 2003) und elementar-musikalischen Kontext (z. B. Fröhlich, 2009; Schneidewind, 2011; Ribke, 2010; Ribke & Metz, 2001) werden die Deutungsvielfalt des für das Fach zentralen Begriffs ‚elementar‘ aufgezeigt und wesentliche Facetten erörtert. Die Darstellung der Entwicklung des Fachs und der zentralen Leitgedanken erfolgt recht knapp unter Einbezug ausgewählter Fachpublikationen der EMP (z. B. Dartsch, 2010a; Fröhlich, 2009; Ribke, 2010; Metz, 2011; Schneidewind, 2011 u. a.). Die Autorin zieht eher ältere Literatur bis 2011 heran und orientiert sich fast ausschließlich an deutschen Veröffentlichungen. Der Theorieteil zeigt sich an dieser Stelle äußerst schmal, bleiben doch für die Entwicklung des Fachs zentrale Impulse aus dem Kontext des Orff-Schulwerks beispielsweise zur Einheit von Musik und Bewegung (Haselbach, 2011), für das Fach zentrale Begriffe wie Improvisation (Steffen-Wittek & Dartsch, 2014), Gestaltung (Ribke & Dartsch, 2004) und kollaborative Kreativität (Kalcher, 2020, Sangiorgio, 2015) sowie inklusionsorientierte Überlegungen (Henning, 2020, Salmon, 2020) unberücksichtigt. Ebenso fehlen jüngere Publikationen, zum Beispiel zur Didaktik künstlerischen Musizierens (Dartsch, 2019), das EMP-Kompendium (Dartsch et al., 2020) sowie der gesamte österreichische Fachdiskurs (z. B. Kroboth-Kolasch et al., 2020; Schneidewind, 2020a, 2020b; Aicher, 2017; Schneidewind & Widmer, 2016). Der Theorieteil überzeugt in dieser Hinsicht nicht.

Da sich die EMP zuerst als Praxisfeld und Profession entwickelt hat, finden sich auch Überlegungen zum wissenschaftstheoretischen Status der EMP. Aufgrund seiner noch recht jungen Fachgeschichte finden sich inzwischen umfangreiche Handreichungen und praxisnahe Veröffentlichungen; die empirische Forschung und daraus hervorgehende wissenschaftliche Theoriebildung befindet sich aufgrund der hohen Praxisorientierung vieler Akteur*innen allerdings noch in den Anfängen. Dies liegt auch darin begründet, dass das Fach an Hochschulen und Universitäten meist als künstlerische Professur mit einer hohen Lehrverpflichtung angelegt ist, die wenig Zeit für Forschung lässt. Da die Ebene einer Grundlagenwissenschaft und wissenschaftlichen Disziplin noch nicht erreicht ist, ordnet Müller die EMP – orientiert am Dreischritt Praxis-Profession-Disziplin nach Höllmüller (2013) – daher folgerichtig in den wissenschaftstheoretischen Status einer Profession, also angewandten Wissenschaft ein. Dies ist insofern nützlich, als die Studie die Erforschung einer für eine spezifische Praxis erforderlichen Kompetenzen zum Gegenstand hat und die gewonnenen Erkenntnisse erneut in die Praxis zurückfließen können. Darüber hinaus leistet die Studie einen Beitrag zur weiteren (notwendigen) theoretischen Fundierung des Faches.

Im zweiten Kapitel folgt eine Auseinandersetzung mit Facetten des Kompetenzbegriffs. Aus Ursprüngen des Begriffs bei Chomsky und Habermas und der Vielfalt von Definitionen in Erwachsenenbildung, Hochschuldidaktik (v. a. Webler, 2004), schulischer Lehr-Lernforschung (Klieme et al., 2007; Weinert, 2002) und schulischer Musikpädagogik (v. a. Jordan et al., 2012; Hasselhorn & Knigge, 2018; Niessen et al., 2008) leitet die Autorin mangelnde Anschlussfähigkeit für die geplante Befragung und somit die Notwendigkeit einer weiteren Literaturanalyse ab. Diese mündet plausibel in die Identifikation zentraler Merkmale von Kompetenz aus fachübergreifender Perspektive: Konstrukthaftigkeit, Kontextspezifität und Erlernbarkeit bilden die Kernpfeiler der Arbeitsdefinition von Kompetenz als Basis für die Analyse. Die theoretische Auseinandersetzung ist an dieser Stelle allerdings ebenfalls recht knapp. So hätten ausgewählte Kompetenzmodellentwürfe zum professionellen Lehrerhandeln (z. B. Oser & Oelkers, 2001; Kaufhold, 2006) sowie ein Perspektivwechsel vom Lehren hin zum Lernen von Studierenden und daraus resultierenden Kompetenzanforderungen an Lehrende dem Diskurs sicher zu mehr Tiefe und Breite verholfen. Zu kritisieren ist ebenfalls, dass Kompetenzmodelle aus dem Bereich der Hochschuldidaktik auf insgesamt nicht einmal zwei Seiten abgehandelt werden und der diesbezügliche aktuelle Fachdiskurs[2] weder im Theorieteil noch im Forschungsstand ausreichend abgebildet wird (z. B. Pietsch, 2019; Kuhn et al., 2016; Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2016; Gillen, 2013).

Aufgrund der Breite der Kompetenzforschung nimmt Müller bei der Darstellung des Forschungsstands eine Fokussierung auf Kompetenzprofile von Lehrenden in Erwachsenenbildung, Hochschuldidaktik, schulischer Lehr-Lernforschung und Musikpädagogik vor. Sieben überfachliche Kompetenzprofile aus Erwachsenenbildung und Hochschuldidaktik werden in einer tabellarischen Synopse (S. 49) zusammengeführt und nach Kompetenzbereichen (Fach-, Methoden-, Sozial-, Personal- und sonstige Kompetenzen) gegliedert. Aus Sicht der Autorin können diese jedoch „nur erste Ansatzpunkte liefern“ (S. 55), da die Kompetenzprofile unterschiedlich strukturiert, meist fachübergreifend und relativ abstrakt angelegt sind. Diese Begründung ist nicht schlüssig, zumal in der Synopse Kompetenzbereiche ausgemacht wurden, welche sich später mit etwas anderer Bezeichnung im Kategoriensystem für die Analyse der Interviews (S. 107ff.) wiederfinden. Solche überfachlichen Kernkategorien bilden eine Basis für das Kategoriensystem und wären anhand der Interviewaussagen später fachspezifisch auszudifferenzieren gewesen.

Die zitierten Studien zur Hochschuldidaktik stammen aus den Jahren 2004 bis 2011, im Bereich Musikpädagogik aus den Jahren 2008 bis 2016. Jüngere Veröffentlichungen beispielsweise von Hartz et al. (2020), Paar & Frei (2019/2020), Cendon et al. (2017), Schöler (2016) oder Fuchs (2015) werden erstaunlicherweise nicht herangezogen. Die jüngste Untersuchung von Lugitsch (2021) zu Kompetenzen von Instrumental- und Gesangslehrenden wird nur im Nebensatz erwähnt. Weshalb gerade diese fachlich relativ nahe liegende Publikation „kaum Anschlussmöglichkeiten“ (S. 58) bietet, bleibt die Autorin schuldig. Ein Blick in die Studien von Quinten (2014) und Pietsch (2019) aus der Nachbardisziplin Tanzpädagogik hätte den Diskurs bereichert und zudem wertvolle Anhaltspunkte für das Forschungsdesign geliefert.

Im B-Teil wird das forschungsmethodische Vorgehen der Mixed-Method-Studie offengelegt: An qualitative Expert*innen-Interviews schließt eine quantitative Fragebogen-Erhebung an. Zwar war ursprünglich eine Delphi-Studie mit einer dritten Erhebungsrunde geplant, angesichts der einheitlichen Ergebnisse bei der Fragebogenerhebung, die eine weitere Reduktion der Kompetenzsammlung nicht möglich machten, wurde auf diese jedoch verzichtet. Dennoch liegen der Studie vielfältige Daten zugrunde, die sich gegenseitig ergänzen.

Stufe eins umfasst acht Leitfaden-Interviews mit EMP-Dozent*innen, deren Expertise durch mindestens fünf Jahre Hochschullehre im Fach nachgewiesen ist. Methodische Aspekte zur Durchführung des Interviews, zur Transkription und Auswertung mittels Qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring, 2003) werden ausführlich dargestellt. Das Kategoriensystem (S. 107ff.) für die zusammenfassende Inhaltsanalyse wird deduktiv in mehreren Differenzierungsschritten aus der Analyse von EMP-Studienplänen und Modulhandbüchern, elementar-musikpädagogischer Fachliteratur und fachübergreifenden hochschuldidaktischen Kompetenzprofilen sowie induktiv aus den Interviews abgeleitet. Das Resultat ist ein Profil von sechs Kompetenzbereichen, die teilweise in Unterkategorien von je drei bis zwölf Einzelkompetenzen gegliedert sind: ‚Fachliches Wissen und Können‘, ‚Hochschuldidaktische Grundlagen der Lehre‘, ‚Fachspezifische Lehre‘, ‚Umgang mit Studierenden‘, ‚Wissenschaftlicher Bereich‘ und ‚Persönliche Weiterentwicklung‘. Eine Anbindung der formulierten Kategorien an Beispiele und wörtliche Zitate aus den transkribierten Interviews im Sinne der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit findet sich in der Publikation leider nicht. Die entstandene Kompetenzsammlung wird anschließend im Kreis der Befragten kommunikativ validiert und hinsichtlich der drei Merkmale von Kompetenz fachspezifisch reflektiert. Darüber hinaus identifiziert die Autorin neun Kategorien fachspezifischer Herausforderungen für EMP-Lehrende an Hochschulen.

Um eine Gewichtung der einzelnen Kompetenzen vornehmen zu können, wird die Kompetenzsammlung nun in einen Online-Fragebogen überführt und einem größeren Expertenkreis von 21 Personen vorgelegt, die einzelne Items auf einer sechsstufigen Ratingskala von „vorteilhaft, wünschenswert“ (Antwort 1) bis „sehr wichtig, unverzichtbar“ (Antwort 6) bewerten. Mittels quantitativ-deskriptiver Auswertung werden Lagewerte (Mittelwert, Median, Standardabweichung) sowie Streuungsmaße (Verteilung und Spannweite) der abgefragten Items ermittelt und abschließend eine Rangliste aller Kompetenzen nach Mittelwert erstellt. Eine Ermittlung der Häufigkeitswerte (Modus) hätte die Statistik gut ergänzt, um weitere Tendenzen hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen Kompetenzen ablesen zu können.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Mittelwerte der Bewertungen der Items oft sehr nahe beieinander liegen (zwischen 5,00 und 5,76) und die abgefragten Kompetenzen von den Befragten durchweg als wichtig bis sehr wichtig eingeschätzt werden. Vor allem die Bereiche ‚Fachliches Wissen und Können‘ und ‚Fachspezifische Lehre‘ werden als bedeutsam angesehen, zuvorderst Reflexionsfähigkeit einer pädagogischen Situation (EM5) und Teilnehmerorientierung (EM2) (S. 142). Kompetenzen im wissenschaftlichen Bereich befinden sich dagegen eher am unteren Ende der Rangliste (S. 144). Die Autorin folgert aus den Daten, „dass alle Kompetenzbereiche von den Experten als bedeutsam für die Tätigkeit von EMP-Dozenten eingeschätzt werden. Es gibt in der auf Grundlage der Interviews erstellten Sammlung keinen Kompetenzbereich, der als völlig unwichtig erachtet wird.“ (S. 166)

Angesichts der Ratingskala des Fragebogens, welche die Option „unwichtig“ oder „weniger wichtig“ gar nicht vorsieht, ist diese Einschätzung zwar nicht falsch, aber dennoch mit einem Fragezeichen zu versehen.

Die Interpretation stellt Ergebnisse aus dem Fragebogen den Interviewaussagen gegenüber und deckt Zusammenhänge wie Unterschiede bezüglich der Relevanz einzelner Kompetenzen auf. Aufschlussreich ist zum Beispiel die zwiespältige Sicht auf wissenschaftliche Kompetenzen, die einerseits als Herausforderung identifiziert, insgesamt aber am niedrigsten bewertet wurden (S. 174). Die Rückbindung des Soll-Kompetenzprofils an Kompetenzen in der elementar-musikpädagogischen Fachliteratur lässt wie vermutet Übereinstimmungen erkennen. Im abschließenden Vergleich mit fachübergreifenden hochschuldidaktischen Kompetenzprofilen arbeitet Müller detailliert heraus, worin Parallelen bestehen und welche Soll-Kompetenzen als dezidiert EMP-fachspezifisch anzusehen sind.

3. Relevanz der Untersuchung

Müller fokussiert in ihrer gut lesbaren Studie die persönliche Sicht von Expert*innen auf Soll-Kompetenzen von Lehrenden im Studienfach EMP. Performanz-Formulierungen der Befragten analysiert sie auf die dahinter liegende Kompetenz und abstrahiert Kategorien, die in die Modellierung eines Kompetenzmodells münden. Trotz der auch von der Autorin relativierten Reichweite und Repräsentativität gibt die Studie einen guten Einblick in die Perspektive von Lehrpersonen auf ihre eigene Lehrtätigkeit, damit einhergehende Herausforderungen und erforderliche Kompetenzen.

Der Autorin gelingt es im Verlauf der Studie größtenteils überzeugend, Zusammenhänge zwischen theoretischen Überlegungen, zentralen Merkmalen von EMP und Kompetenz, beschriebenen Kompetenzprofilen und der empirischen Untersuchung herauszuarbeiten. Der Theorieteil umfasst zwar kompakte Informationen über ausgewählte Konzepte von Kompetenz und Kompetenzprofilen, ist insgesamt für eine geisteswissenschaftliche Dissertation aber etwas schmalspurig. Auch der Forschungsstand könnte mehr Ausführlichkeit vertragen und wie bereits erwähnt auch jüngere und vielfältigere Publikationen berücksichtigen.

Das Forschungsdesign der zweistufigen Mixed-Method-Befragung ist sinnvoll, da so die gewonnenen Erkenntnisse validiert und differenziert werden. In diesem Zweischritt und dem stringenten Aufbau liegt die Leistung der Studie. Zu reflektieren wäre vereinzelt die Trennschärfe der vielfältigen Kategorien zu Reflexionsfähigkeit im Fragebogen, die nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt sind (z. B. ref4 und ref6, EM5 und ref1).

Der Online-Anhang umfasst Interviewleitfaden, Anschreiben, Fragebogen und Statistik der deskriptiven Auswertung, nicht aber die vollständigen Transkripte der Interviews und Ankerbeispiele zum Codiersystem. Im Sinne der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit wie auch der weiteren Nutzbarkeit wäre eine digitale Zugänglichkeit wünschenswert. Offen bleibt die Frage, weshalb Silvia Müller bewusst die männliche Schreibweise wählt, gleichzeitig aber darauf hinweist, dass sowohl die Mehrheit der Befragten ihrer Studie als auch die Mehrheit der Lehrenden im Studienfach EMP aus Frauen besteht (S. 137).

Mit ihrer explorativen Untersuchung und der fachspezifischen Modellierung des Kompetenzprofils leistet Silvia Müller insgesamt einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen Fundierung der EMP. Sie schließt eine Forschungslücke, indem relevante Kompetenzen für die Hochschullehre im Studienfach EMP aus Sicht von Expert*innen benannt und gewichtet werden. Das fachspezifische Kompetenzprofil bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten und Anschlussstellen – für die musikpädagogische Praxis ebenso wie für den Fachdiskurs, für Selbstreflexion, Weiterbildung und die Weiterentwicklung der Lehre – und ist anschlussfähig an Didaktiken künstlerischen Musizierens in Gruppen. Auf Hochschulebene kann es in mehrfacher Hinsicht ein wertvoller Leitfaden sein: als Analyse- und Bewertungsraster bei der Besetzung von Stellen, im Zuge der Entwicklung von Qualifikationsprofilen in EMP-Curricula und somit auch für die Modellierung eines Kompetenzmodells angehender und in der Berufspraxis befindlicher Lehrkräfte außerhalb von Hochschulen.

Angesichts der Begrenzung der Grundgesamtheit auf Expert*innen aus Deutschland böten sich hier internationale Vergleichsstudien, insbesondere in Österreich und der Schweiz an, um auf dieser Grundlage die für das Fach EMP notwendige empirisch fundierte Theoriebildung zu verstärken. Weitere Forschungsperspektiven bestehen beispielsweise hinsichtlich des Einsatzes des Kompetenzmodells in Lehre, Weiterbildung und Evaluation, hinsichtlich subjektiver Theorien von EMP-Lehrenden zu einzelnen Kompetenzbereichen oder in Bezug auf die Strategien, Methoden und Lernwege, wie die beschriebenen Kompetenzen erworben wurden.

Literaturverzeichnis
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Sonja Stibi
Hochschule für Musik und Theater München
Arcisstraße 12
80333 München
Deutschland
E-Mail: sonja.stibi@hmtm.de
Forschungsschwerpunkte: Outreach und Community Engagement, digitale Formate in der Musikvermittlung, Erlebnisse von Besucher*innen in klassischen Konzerten, sowie empirische Unterrichtsforschung, Lehrersprache und Interkulturalität in der Musik- und Tanzpädagogik.

[1] EMP ist die im Fachdiskurs etablierte Abkürzung für das Studienfach Elementare Musikpädagogik.
[2] Vgl. das Forschungsprogramm „Kompetenzmodelle und Instrumente der Kompetenzerfassung im Hochschulsektor – Validierungen und methodische Innovationen“ (KoKoHs): http://www.kompetenzen-im-hochschulsektor.de/index.php [Zugriff am 5.3.2023].