Kern, Holger

Musikunterricht aus Menschenkunde

Gedanken zur Musikpädagogik in der Waldorfschule – ein „Nicht-Lehrbuch“, Band 1 und 2

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Wißner, Augsburg 2024
erschienen in: üben & musizieren 6/2025 , Seite 59

Der Titel des Buchs von Holger Kern ist Programm und legt direkt dar, was uns als LeserInnen erwartet. Es geht um Waldorf­pädagogik und ihre Umsetzung im Musikunterricht. Das umfangreiche Werk ist gegliedert in zwei Bände. Der erste Band – „Menschenkundliche Gedanken und musikpädagogische Anschlussgedanken“ – befasst sich mit dem zugrundeliegenden Ansatz der Waldorf-(Musik-)Pädagogik. Kern geht detailliert auf Rudolf Steiners Menschenbild und dem darauf aufbauenden Konzept der Waldorfpädagogik ein. Er weist explizit darauf hin, dass bei bereits vorhandenen Vorkenntnissen diese Passagen übersprungen werden können.
Der zweite Band – „Systematische Darstellungen und Umsetzung“ – zeigt die mögliche Umsetzung in der Praxis auf. Hier stellt der Autor beispielsweise die Themen Singen, Tonhöhen, Tonlängen oder Intervalle ins Zentrum seiner Ausführungen. Dabei liefert er durchaus interessante Anregungen wie zum Beispiel, dass ein Lerninhalt mehr Reife, Schönheit und Tiefe gewinnt, wenn er nicht pausenlos durchgeübt, sondern liegengelassen und nach einer gewissen Zeitspanne wieder aufgegriffen wird.
Bezüglich anderer Hinweise darf hinterfragt werden, ob sie noch zeitgemäß sind. So gibt Kern zu bedenken, dass moderne Lieder eher sparsam und mit Bedacht einzusetzen sind, um sich nicht der Lebenswelt der Lernenden aufzudrängen. Die Praxis jedoch zeigt, dass im Zeitalter von TikTok, Instagram und Co viele Kinder Pop- und Rockmusik gar nicht mehr bewusst hören, geschweige denn, sich mit einem Genre identifizieren.
Holger Kern ist Waldorf-Musiklehrer, Dozent und Professor der Musiklehrerbildung an der Freien Hochschule Stuttgart sowie international. Das vorliegende Buch ist adressiert an Lehrkräfte an Waldorfschulen, aber auch Lehrkräfte anderer Schulformen, die sich „grundlegend informieren und anregen lassen“ wollen. Dies gelingt durchaus, da das zweibändige Buch sehr informativ und umfangreich ist. Zwar hätte eine etwas weniger schwerfällige Sprache sowie eine zeitgemäßere optische Aufmachung dem Lesefluss gutgetan; dennoch liefert es zahlreiche interessante Ansätze zum Weiterdenken.
Patricia Tafel

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