Hoffman, Clemens

25 Sketches for Piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Lantro Music, Grimbergen/Belgien 2005
erschienen in: üben & musizieren 4/2007 , Seite 63

25 kurze Klavierstücke, die den Begriff „Sketch“ durchaus in seiner zweifachen Bedeutung repräsentieren: einmal als flüchtige Skizze, Gedankennotiz, dann als kurze, witzig-spielerische „dramatische“ Szene. Beim ersten Blättern meint man, das könnte doch auch ganz bachisch „durch alle Tone und Semitonia“ gehen: Nach der volksliedhaften Aria in C geht es zwar noch ein bisschen weiter zu Des, D, Es und e, spätesten aber das sechste Stück schubst den Spieler aus der Dur-Moll-Tonalität in Richtung modale Skalen.
Hoffmans Musik berührt freitonale Bereiche, treffender gesagt „flirtet“ mit ihnen oder liebäugelt mit jazzharmonischen Sphären, bis eine hitzige d-Moll-Toccata mit strahlendem Dur-Schluss das effektvolle Finale bildet. „Aria“, „Toccata“: Das deutet hin auf ein Spiel mit den Stilen, was Hoffman in seinen Anmerkungen (in englischer Sprache) bestätigt. Der Nummer 4 schreibt er eine „Bach-like atmosphere“ zu; aber auch Schumann wäre hier wohl zu ahnen. Chopins Linke-Hand-Arpeggien begegnen uns in der Nummer 9. Hindemiths Ludus tonalis mag Pate gestanden haben bei Nummer 13, Bartók-Rhythmik klingt an in Nummer 5, die so beliebte Amélie-Filmmusik Yann Thierssens ist in Nummer 15 nahe…
Es gibt auch stilistisch Eigenes in diesem Spiel mit dem Fremden. Und das wäre nun festzumachen an der Bedeutung des „Sketches“ als witzig-dramatische Szene. Auch wenn Hoffmans Stücke kaum je länger als dreißig Takte sind, ereignet sich in ihnen doch fast immer etwas Überraschendes, eine melodische Wendung, ein harmonischer „Spot“, der aufhorchen, schmunzeln lässt – und seien es nur die „falschen“, frech hingeworfenen Schlusstöne.
Clemens Hoffman, geboren 1961, studierte Komposition und Klavier in Maastricht, ist aktiver Musiker vornehmlich im Pop- und Jazzbereich und unterrichtet am eigenen Institut. Die 25 Sketches sind denn auch unbedingt unter klavierpädagogischer Sicht zu betrachten. In den „Annotations“ zu jedem der Stücke gibt Hoffman knappe Hinweise auch zu technischen Fragen, mehr indes zur Ausdrucksgestaltung, etwa die Forderung nach dem „großen Ton bei entspannter Armführung“ oder der Hinweis, das Finale „als solches“ zu spielen. Hoffmans ausführliche Fingersatzvorschläge sind überaus praktikabel, seine Metronomangaben machen manchen musikalischen Charakter von vornherein eindeutig.
Der Schwierigkeitsgrad liegt an der Grenze zur Mittelstufe. Dabei geben die Stücke ganz unterschiedliche technische Probleme auf. Wenige Male ist die Spannweite einer ausgewachsenen Hand gefordert. Damit sind Hoffmans Sketches auf das Standardklientel von Musikschulen zugeschnitten. Auch weil sie musikalisch geistreich vermitteln zwischen der Strenge bachscher Präludien und dem romantischen „Zuckerwerk“ Burgmüllers, zudem auf kunstvoll-feine Art immer wieder den so begehrten Ton der Pop-Musik anschlagen.
Günter Matysiak