Spohr, Louis

36 Duos aus der ­Violinschule

Heft1: 24 Leichte Duos/Heft 2: 12 Virtuose Duos

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2018
erschienen in: üben & musizieren 1/2020 , Seite 63

Louis Spohr ist uns gemeinhin als einer der großen Komponisten des deutschsprachigen Raums des beginnenden 19. Jahrhunderts bekannt. Unter seinen heute (im Gegensatz zu denen Mendelssohn Bartholdys) überwiegend in Vergessenheit geratenen Werken finden sich 15 Violinkonzerte, darunter das hin und wieder noch aufgeführte Konzert in a-Moll „in Form einer Gesangsszene“, und etliche noch immer in den Konzertprogrammen zu findende Kammermusiken.
Sein Renommee als Geiger und Komponist für sein Instrument war in der europäischen Kulturwelt phänomenal und wirkt bis heute nach. Im Gegensatz zu seinem italienischen Violinistenantipoden Paganini widmete sich Spohr auch der Violinpädagogik. Er tat das mit erheblichem Anspruch und wurde so über Ferdinand David, August Wilhelmy und Joseph Joachim einer der Urväter der deutschen Geigertradition.
Die in der Neuausgabe vorgelegten Duos aus seiner Violinschule gehören teilweise seit Generationen zum Schülerrepertoire, wenn auch die virtuosen Stücke des zweiten Hefts eher den Cap­riccen der violinpädagogisch tätigen Geiger Rode und Dont gewichen sind. Zahlreiche Violinschulen der Neuzeit lassen jedoch zumindest Einzelkompositionen aus Spohrs Schule nicht unbeachtet, sodass sein persönlicher Stil durch diese „pädagogische Musik“ auch bei jüngeren SchülerInnen erfahrbar bleibt.
Die Kompositionen des ersten Bandes sind sämtlich in der ersten Lage spielbar, die ersten sind gar für das Leere-Saiten-Spiel von AnfängerInnen gedacht. Bei der zweiten Stimme handelt sich um eine Lehrerbegleitstimme, sodass man eigentlich nicht von echten Duos sprechen kann.
Es stellt sich durchaus die Frage, ob es lohnend ist, in Anbetracht des vorhandenen riesigen und stilistisch vielfältigen pädagogischen Materials SchülerInnen das ganze Heft mit vielen ähnlich klingenden Stücken anschaffen und spielen zu lassen. Als Vorlage für eine geschickte pädagogische Auswahl ist Band 1 jedoch eine Erwägung wert, zumal die Neuausgabe sich nicht nur auf den Abdruck der Stücke beschränkt, sondern durch anschauliche Faksimile-Drucke der Erstausgabe und Originalzitate Spohrs wissenswerte und zum Teil auch für unsere Zeit pädagogisch wertvolle Anregungen gibt, ähnlich wie Schumann in seinen Musikalischen Haus- und Lebensregeln. Der zweite Band ist mit seinen in typischer Spohrscher Manier gefassten virtuosen Kompositionen eine Quelle an alternativer Literatur für fortgeschrittene SchülerInnen oder auch für Zugaben.
Editorisch erfreulich ist der weite, für jüngere SpielerInnen gut lesbare Druck und die blätterfreundliche Gestaltung von Stücken, die drei Seiten benötigen: Das Problem ist vorbildlich durch ein ausklappbares drittes Blatt gelöst.
Uwe Gäb