Cornick, Mike

4 pieces for 5 right hands at 1 piano

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition, Wien 2012
erschienen in: üben & musizieren 6/2012 , Seite 64

Spätestens seit Nicolas Carletons und Thomas Tiomkins Sammlung For two to play on one virginal vom Anfang des 17. Jahrhunderts ist belegt, dass die KlavierspielerInnen der Einsamkeit an ihrem Instrument überdrüssig waren. Dass der nahe liegende Begriff „Zweisamkeit“ auch eine gewisse erotische Komponente enthält, darf nicht unterschlagen werden, etwa in Form einer „Klavierbank-Erotik“, die sich in Ermangelung anderer Gelegenheiten in vergangenen Zeiten notwendig machte. Da darf man Wilhelm Friedrich Ernst Bachs Dreyblatt fürs Forte-Piano und sechs Hände wegen seiner verschlungenen Spielerinnen-Spieler-Konstellation sicher auch eine gewisse Frivolität zuschreiben, die sich in der Interpretation durch Alicia de Larrocha, Gina Bachauer und Garrick Ohlsson (zu sehen auf YouTube) nachdrücklich bestätigt.
Soviel zur Einstimmung auf Mike Cornicks 4 pieces for 5 right hands at 1 piano, eine höchst vergnügliche Sammlung von Klavierstücken, die geschrieben wurde, „um ein unterhaltsames Repertoire für fünf PianistInnen zu bieten, die gemeinsam auf einem Klavier spielen möchten“. Der 1947 geborene Mike Cornick ist Autor mittlerweile fast unzähliger, bei SchülerInnen und ihren Lehrkräften sehr beliebter Samm­lungen von an populären Jazzstilen ausgerichteter Klaviermusik und klavierbegleiteter Instrumentalmusik, darunter auch vieles für mehrere SpielerInnen an einem Klavier.
Die Stücke für fünf rechte Hände schaffen sich ihren populären Ton auch durch Übernahmen aus der Folklore, etwa durch das jamaikanische, durch Harry Belafonte bekannte Come back, Liza oder durch eine schottische Volksweise wie Charly is my darling. Das wird dann kombiniert mit den nahe liegenden Elementen der Jazzharmonik, leitet auch hin zum Swing. Da kann sich im Spiel aus Synkopen gut eine
Off-beat-Phrasierung entwickeln, ­binäre Rhythmik zu jazzidiomatischer ternärer Rhythmik werden. Wie weit der Weg vom metrischen Zählen zum „Feeling“ ist, wird sich je nach Schüler oder Schülerin zeigen.
Hilfreich im Unterricht sind die detaillierten Fingersatzangaben. Wie weit man Cornicks Einordnung des Schwierigkeitsgrads (2-3 in einer achtstufigen Skala) folgen mag, hängt wohl vom ­eigenen Schülerumfeld ab. Die Stücke setzen wohl doch eher den fortgeschritteneren, versierten Schüler voraus, der auch relativ spontan Vergnügen an ihnen finden kann.
Bliebe dann noch ein logistisches Problem: Es wird nicht immer einfach sein, im Musikschulalltag fünf SchülerInnen ähnlichen Levels zu finden, die diese Stücke mit Spielfreude bewältigen können. Dem Rezensenten allerdings war das Vergnügen beschert, vier klavierspielende Gäste zu haben, die zu vorgerückter Stunde vom fünfhändigen Spiel gar nicht genug bekommen konnten und sich entschlossen, Cornicks Stücke, die überdies beträchtliche Ohrwurmqualitäten besitzen, als Zugabe im nächsten Lehrerkonzert zu spielen.
Günter Matysiak