Skrjabin, Alexander

4 Préludes op. 11 für Streichquintett

bearb. von Greta Funk, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Uetz, Halberstadt 2016
erschienen in: üben & musizieren 6/2016 , Seite 56

Das kammermusikalische Schaffen Alexander Skrjabins ist sehr übersichtlich. So gibt es neben zwei Stücken für Singstimme und Klavier (1891) sowie Horn und Klavier (1894) – jeweils mit dem Titel Romans über einen ­eigenen Text – lediglich ein Scherzo mit Variationen in G-Dur über das russische Lied Die Nächte sind lang, langweilig für Streichquartett aus dem Jahr 1898, das in Zusammenarbeit unter anderem mit Alexander Glasunow und Nikolaj Rimskij-Korsakov entstand. Jene Werke nahm Skrjabin nicht in die Opuszählung auf.
In seiner ­ersten Schaffensphase hatte er hauptsächlich Klavierminiaturen komponiert. Von seinem Mäzen und Verleger Mitrofan Beljajew erhielt er den Auftrag, eine Sammlung von 24 Präludien durch alle Tonarten zu schreiben. Unter der Opusnummer 11 wurden sie dann auch angekündigt. Heraus kamen zunächst indes nur zwölf Stücke, von C-Dur ausgehend bis H-Dur durch alle Kreuztonarten mit ­ihren Mollparallelen. Beljajew drohte ihm mit finanziellem Entzug, worauf Skrjabin 1896 die Sammlung vollendete.
Wohl zum Anlass seines 100. Todesjahrs bearbeitete Heraus­geberin Greta Funk aus diesem Opus 11 vier langsame Sätze für Streichquintett mit zwei Violinen, Viola, Violoncello und Kont­rabass. Es handelt sich um die Nr. 4 e-Moll (Lento) – übrigens das früheste der Sammlung von 1888 –, Nr. 9 E-Dur ­(Andantino), Nr. 17 As-Dur (Allegretto), hier nach dem leichteren ­­B-Dur transponiert, und Nr. 22 g-Moll (Lento).
Leider wird wegen eines fehlenden Vorworts nicht klar, warum Greta Funk insbesondere diese vier auswählte. Von der Technik her sind sie ­freilich relativ leicht von Laienstreichern spielbar, auch wenn ihnen klar sein sollte, dass Skrjabins Musik sehr subtil, fein, grazil, stets mit innerer Unruhe und atmosphärisch klingt. Ein Blick in die ­Dynamik, die sich größtenteils zwischen mf und ppp mit ­einem knappen Forte bewegt, sowie minutiös notierte Vortragsbezeichnungen mögen sein gedankenvolles Ansinnen zeigen. Vielleicht hätte dies der Einsatz von Dämpfern unterstrichen.
Die Besetzung des Kontrabasses verwundert, da er meistens colla ­parte mit dem Cello spielt und nicht immer unproblematisch „dazukomponiert“ wurde (Nr. 9, T. 1 eine nicht originale, harte Dissonanz). Skrjabins Klaviersatz ist fast durchgehend nur vierstimmig.
Der eigentlich schöne Notendruck wurde wohl nicht final korrigiert: So besitzt nur die Nr. 4 Taktzahlen. Rubato-, Ritardando- und Accelerando-Anweisungen sowie Fermaten erscheinen willkürlich, manches ohne zwingenden Grund weggelassen, wie in Nr. 22 nur zwei statt der drei originalen „accel.“, anderes wurde hinzugefügt. Manche Tempoanweisungen wurden leicht verändert. In der Kontrabassstimme liest man in Nr. 17 die Bezeichnung „accel.rit.“. Und in Takt 1 von Nr. 17 sind Violinen und die Bratsche im Bass-Schlüssel notiert mit bis zu sieben Hilfslinien.
Werner Bodendorff