Zett, Luis
Across Europe
12 fantasievolle Volksliedbearbeitungen für Klavier zu 4 Händen
Brahms mit seinen Ungarischen Tänzen und Dvoˇrák mit seinen Slawischen Tänzen haben auf dem Gebiet der vierhändig gesetzten, folkloristisch begründeten Musik Meisterwerke geschaffen. Griegs Norwegische Tänze setzten das in kleinerem Rahmen fort. Deren begrenzter Anspruch an Virtuosität machten sie auch für das hausmusikalische Musizieren und für KlavierschülerInnen verwendbar. Pädagogisch ausgerichtet sind Luis Zetts vierhändige Volksliedsätze, die sich im Zeitalter der Globalisierung nicht der Folklore eines Landes allein widmen, sondern europäisch ausgerichtet sind.
Luis Zett, der im März 2017 verstarb, hieß mit bürgerlichem Namen Alois Zuchtriegel und war Autor einer großen Zahl von Bänden mit attraktiver Spielmusik für KlavierschülerInnen jeden Alters. Auch im vorliegenden Band erweist er sich als der geschickte Praktiker in Hinsicht auf reizvolle Unterrichtsliteratur für den „etwas fortgeschrittenen Klavierschüler“. Dass er sich in diesem Band dem leider oft vernachlässigten Vierhändigspiel widmete, ist verdienstvoll. Lehrkräfte wie SchülerInnen werden an diesen hübschen Volksliedbearbeitungen ihren Spaß haben, was ja erklärtes Ziel des Autors ist.
Europa kann sich glücklich schätzen, auch musikalisch ein Kontinent der unterschiedlichen nationalen und regionalen Kulturen zu sein mit ihren ausgeprägten melodischen, harmonischen oder rhythmischen Eigenheiten. Darauf weist der Autor in Kommentaren zu den einzelnen Stücken hin. Die können sich auch auf Übehinweise und Schwierigkeiten beziehen, so etwa ganz handfest, beim „Mischmetrum“ im mazedonischen Sto mi e milo die linke Hand auf den Rhythmus hin „zu trimmen“, gegebenenfalls auch ohne Klavier. Im französischen Dans les jardins d’mon père ist der Hinweis auf „eine wunderschöne, wiegende Melodie“ sicher auch zu verstehen als Forderung nach betont kantablem Spiel auch in den Begleitfiguren. Eine veritable Staccato-Studie im Secondo-Part ist Horch, was kommt von draußen rein und zudem mit seinen Tempowechseln ein schönes Beispiel für „bedeutsame“ Musik. Klangsinnlichkeit ist gefordert im Flamenco-Ton des spanischen Alalà.
Die zwölf Sätze sind satztechnisch von schöner Durchhörbarkeit und geben jedem Spieler und jeder Spielerin auch die musikalisch-melodische Führung. Sie sind mehr als nur Arrangements, beinhalten sie doch auch sogenannte „Intermezzi“, in denen Luis Zett mit Motiven und Rhythmen spielt. Die Marcato-Anweisung immer dort, wo die melodische Führung nicht in der Oberstimme liegt, wirkt etwas zeigefingerhaft und überpädagogisch. Das wird der „multikulturellen“ Spielfreude, die den Stücken innewohnt, indes keinen Abbruch tun. Sinnvolle Wendestellen und die übersichtliche Partitur-Anordnung des vierhändigen Satzes tun das Ihre dazu.
Günter Matysiak