Tchaikovsky, Piotr Ilich
Album for the Young
Twenty-four easy Piano Pieces
In einem Brief vom 30. April 1878 kündigt Tschaikowsky kompositorische Pläne besonderer Art an: „Morgen mache ich mich an eine Sammlung von Miniaturstücken für Kinder. Ich habe schon lange darüber nachgedacht, dass es gut wäre, nach Kräften dazu beizutragen, die musikalische Kinderliteratur, die sehr arm ist, zu bereichern. Ich will eine ganze Reihe absolut leichter und mit Kinder verlockenden Titeln versehener Stückchen machen, wie bei Schumann.“
Kurze Zeit später werden dem Verleger Pjotr I. Jurgenson die Kinderstücke vorgelegt und im November des Jahres 1878 in Moskau zum ersten Mal veröffentlicht. Dieser Erstdruck wurde zunächst allen folgenden Editionen verschiedener Verlage zu Grunde gelegt. Im Jahr 2000 entschloss sich die Wiener Urtext Edition (Herausgeber: Thomas Kohlhase und Alexandr Satz) zu einer Ausgabe, die streng dem Autograf des Komponisten folgt. Vergleicht man diese mit dem Erstdruck, so stellt man erhebliche Abweichungen hinsichtlich Dynamik, Artikulation, Phrasierung und Reihenfolge der Stücke fest. Eine an den Quellen orientierte und somit als authentisch zu bezeichnende Fassung war also ausgesprochen notwendig und wurde von der Wiener Urtext Edition in jeder Beziehung brillant ausgeführt (Vorwort, kritischer Apparat, Druckbild, Fingersatz, Hinweise auf Provenienz des musikalischen Materials).
Nun brachte die in Russland geborene und aufgewachsene Pianistin Oxana Yablonskaya, die seit 1977 in den USA lebt und als Dozentin für Klavier an der New Yorker Juilliard School wirkt, im New Yorker Verlag International Music Company eine weitere Ausgabe des Kinderalbums heraus. Diese orientiert sich nicht am Urtext, sondern greift auf die zahlreichen Ausgaben zurück, denen der Erstdruck zu Grunde liegt.
Diesem Notentext sind Fingersätze, die ausgezeichnet und für kleine Hände gut gedacht sind, sowie Angaben, welche Dynamik und Pedalgebrauch betreffen, hinzugefügt. Das Heft enthält allerdings keinerlei editorische Hinweise und Auskünfte über die eigenhändigen Additionen der Herausgeberin. Auch wenn es sich hier eindeutig um eine „interpretierende“ Edition und nicht um eine kritische handelt, möchte man doch gerne erfahren, inwieweit der Notentext das originale Werk des Komponisten wiedergibt oder den musikalischen Vorstellungen der Herausgeberin folgt.
Das Druckbild ist unangenehm eng, die New Yorker Ausgabe bringt die Kinderstücke auf knappen 31 Seiten unter – zum Vergleich: die Wiener Urtext Edition gönnt den Lesern übersichtliche 39 Seiten.
Maria Zeidler-Kröll