Wüstehube, Bianka

Alle Jahre… – schon wieder!?

Ideen für den Unterricht mit (guten) Weihnachtsliedern

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 5/2011 , Seite 28

Lebkuchen und Vanillekipferl im Regal des Supermarkts kündigen schon Ende September das bevorstehende Weihnachtsfest an. Von Kon­sumenten wird diese Marktstrategie im Allgemeinen bestöhnt oder belächelt. Für Instrumentallehrkräfte hingegen ist das Auftauchen der Kekse im Supermarkt ein deutlicher Hinweis darauf, nun endlich die Weihnachtslieder und weihnacht­lichen Musikstücke aus dem Noten­regal hervorzuholen.

Bereits im Oktober beginnt in der Musikschule die Weihnachtssaison. Jeder Instrumentallehrende muss Weihnachtslieder unterrichten und es spielt dabei keine Rolle, ob ihm oder ihr das gefällt oder nicht. Auch die Kategorie „Gute Stücke“ gilt hier nicht. Es gibt einfach einen Kanon der bekanntesten Weihnachtslieder, der von den meisten Schülern und Schülerinnen gespielt werden möchte. Das erwarten sie – nebst den dazu­gehörigen Familien. Man stelle sich vor, die Oma fragt ihren achtjährigen Enkel, ob er unter dem Tannenbaum ihr zu Liebe Alle Jahre wieder spielen könne, und das Kind antwortet: „Liebe Oma, ich würde gerne, aber mein Lehrer lehnt das Unterrichten und Spielen jeglicher Art von Weihnachtsliedern ab…“
Diejenigen, die viele Anfänger und Anfängerinnen unterrichten, trifft es besonders stark. Es kann passieren, dass man den kompletten November und Dezember quasi ganztägig fünf Tage die Woche Weihnachtslieder unterrichten muss. Hinzu kommen dann am Wochen­ende noch die weihnachtlichen Vorspiele und Klassenabende. An der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz ist für Studierende im Studienplan ein einwöchiges ­Musikschulpraktikum vorgesehen. Als dieses einmal im Dezember stattfand, kamen die Studierenden ziemlich geschlaucht wieder. Einige zweifelten nach einer Woche Weihnachtslieder an ihrer Berufswahl. So anstrengend hatten sie sich ihren zukünftigen Job nicht vorgestellt.
Dabei können Weihnachtslieder, wenn sie gut gespielt und arrangiert sind, so schön sein und viel Raum für abwechslungsreiches musikalisches Arbeiten bieten. Vor allen Dingen aber ist die Weihnachtsliedersaison eine sehr produktive Zeit, in der die Schüler und Schülerinnen viel üben und mit Lust musizieren. Das hat gute Gründe:
– Sie kennen die Lieder und haben eine Klangvorstellung von dem, was sie spielen wollen. Wie oft können Schüler und Schülerinnen ihr Stück nicht auditieren und spielen dann musikalischen Nonsens, da sie in ihrem Kopf durch fehlende Klangvorstellung keine Möglich-keit haben, das Gespielte auf seine Richtigkeit zu überprüfen.
– Die Lieder sind (bei den allermeisten) emotional positiv besetzt. Weihnachten ist ein besonderes Fest. Die Familie kommt zusammen. Es gibt gutes Essen, faszinierende Geheimnisse und (viele) schöne Geschenke.
– Das Feedback für die Schüler und Schülerinnen ist groß. Die Oma ist gerührt, der Vater ist stolz und kann mitsingen und selbst die Nachbarin, die sonst nur am 24. Dezember ihre Weihnachtsliederlangspielplatte von Roger Whittaker hört, freut sich über echt Gespieltes.
– Die Schüler und Schülerinnen haben viele Auftrittsmöglichkeiten und werden sogar selbst um Auftritte angefragt: in der Klasse, beim Schulfest, in der Kirche etc. Einer meiner Schüler musizierte z. B. auf der Weihnachtsfeier in der Firma seiner Mutter.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 5/2011.