Mollat, Karin

Auf der Schlingelbahn

Klavierunterricht mit großen Gruppen? Na klar!

Rubrik: Praxis
erschienen in: üben & musizieren 2/2012 , Seite 30

Bläser- und Streicherklassen sind seit Jahren etabliert. Wo aber bleibt das Klavier? Man muss es nicht tragen, auspacken, stimmen, die Töne sind gebrauchsfertig – kein Quietschen und Kieksen. Es kann von mehreren SpielerInnen gleichzeitig genutzt werden – es ist das ideale Instrument für Gruppenunterricht.

Der traditionelle Einzelunterricht ist aus bekannten Gründen nicht mehr überall zu gewährleisten. Partnerunterricht ist vielfach der Ausweg. Muss er aber auf Dauer erteilt werden, bleibt kein Spielraum, um einzelne Talentierte oder Fortgeschrittene angemessen zu versorgen. Der zunehmende Mangel an Geld und Unterrichtszeit läuft darauf hinaus, dass in Zukunft auch am Klavier mit größeren Gruppen, das heißt mit mindestens drei SchülerInnen bis hin zum Klassenunterricht, gearbeitet werden muss – und das möglichst ohne Qualitätsverlust.
Wie kann das gehen? In den meisten Studien­gängen wird auf das Unterrichten großer Gruppen am Klavier nicht eingegangen. Zudem ist die Meinung verbreitet, dass solch ein Unterricht nur für den Einstiegsbereich in der Musikschul-Unterstufe tauge; oder auch, dass dabei die Leistung zu kurz komme. Beides lässt sich widerlegen.
Zunächst ist es wichtig, die Scheu vor dieser Unterrichtsform abzubauen. Man sollte nur etwas ablehnen, das man auch kennen gelernt hat. Es gibt Möglichkeiten, sich schrittweise der Arbeit mit größeren Gruppen zu nähern, ohne gleich dauerhafte Gruppen bilden oder den Stundenplan merklich verändern zu müssen. Eine einfache Möglichkeit, die Unterrichtszeiten zu verlängern, ohne den Stundenplan auszudehnen, lässt sich am Stun­denübergang finden. Wenn man z. B. zwei dreißigminütige Unterrichtszeiten um je zehn Minuten erweitert und sie sich um diese Zeit überschneiden lässt, kann man in den 20 gemeinsamen Minuten mit den SchülerInnen mehr erreichen als in je zehn Minuten einzeln. Voraussetzung dafür ist, dass möglichst immer mit allen gearbeitet wird und man nicht Spieler und Zuhörer im Wechsel hat.
Gruppenunterricht lässt sich schon an einem Instrument ausprobieren. Aber auf Dauer sollte man nicht mehr als zwei Kinder auf ein Instrument rechnen. Ein zweites Instrument kann zunächst ein elektronisches sein, weil die Kinder hoffentlich zu Hause auf einem mechanischen Klavier üben können. Mittelfristig ist es sicherlich nicht schwer, für den Unterricht ein preiswertes Zweitklavier oder ein gutes E-Piano anzuschaffen. Wenn die ­Instrumente in Reihe nebeneinander stehen, haben die Kinder den besten Kontakt zueinander. Von der Seite gesehen lassen sich ­alle Hände der Kinder gut beobachten und korrigieren. Und wenn alle die Hände der Lehrkraft im Blick haben, lassen sich die Kinder auch gut führen.
Am einfachsten ist der Einstieg in den Gruppenunterricht über gut klingende technische Gruppenübungssätze. Sie bekommen gleichsam sportlichen Charakter und können durch viele Varianten in der gesamten Musikschulzeit erweitert werden. Es sollen hier zwei Beispiele behandelt werden. Sie stehen für viele weitere didaktische Möglichkeiten, mit denen es sich bis in die oberen Altersstufen arbeiten lässt. Weite Bereiche der traditionellen Klavierliteratur können dafür angepasst werden.

Lesen Sie weiter in Ausgabe 2/2012.